Er selbst hat Migrationshintergrund
Warum ein Kioskbesitzer aus Protest die AfD wählen will
21.11.2024 – 18:29 UhrLesedauer: 2 Min.
Erdal Kazak betreibt seit über 20 Jahren den Kennedy-Kiosk an der Peterstraße. Die Stadt schließt sein Geschäft an Sonntagen – und treibt ihn in die Arme der AfD, sagt er.
Kioskbesitzer Erdal Kazak ist wütend. 5.000 Euro Geldstrafe musste er vor Kurzem zahlen, da er seinen Kiosk wie viele andere Betreiber in Aachen an Sonntagen geöffnet hatte. Geld, das er nicht besitzt. „Ich musste schon einen Kredit aufnehmen und mein Sparbuch plündern“, sagt Kazak. Ende des Jahres kämen noch Nachzahlungen dazu. „Sollen meine Kinder verhungern?“, fragt er. Ohne den Sonntag würde sein Geschäft nicht laufen, anderen Kiosken gehe es ähnlich.
Dass er seinen Kunden sonntags nichts verkaufen darf, schmerzt ihn: „Da kommt eine arme Rentnerin und ich darf ihr kein Wasser verkaufen“, so Kazak. Ähnlich sei es mit zahlreichen Touristen gewesen, die das Verkaufsverbot nicht verstanden hätten. Generell seien die meisten Menschen doch für offene Kioske an Sonntagen, sagt er. Bei einer Leserumfrage von t-online stimmten von über 900 Teilnehmern 75 % dafür.
Kazak hat wie viele andere Kioskbesitzer in Aachen einen Migrationshintergrund. Er und seine Kollegen würden sich von der Stadt nicht wertgeschätzt fühlen. „Wir sind fleißig und opfern unseren Sonntag, um zu arbeiten“, sagt er. „Und dafür kriegen wir einen Arschtritt.“ Die Entscheidung der Aachener Politik sei ihm zufolge weder demokratisch noch gerecht. Auch einen Vorschlag für einen Kompromiss, um seinen Laden sonntags ab 18 Uhr öffnen zu dürfen, habe die Stadt abgelehnt. Am 5. November sei er bei einer Ratssitzung gewesen, doch seine Probleme hätten die Politiker dort nicht ernst genommen. „Die haben mich ausgelacht“, sagt er.
Überhaupt seien seiner Meinung nach die Kontrollen in seinem Kiosk unverhältnismäßig gewesen. 30 Polizei-, Zoll- und Ordnungsbeamte seien zuletzt in seinen Laden gekommen, als Grund hätten sie Routinekontrollen angeführt. Sogar Spürhunde seien dabei gewesen. So etwas habe er noch nie erlebt. Er wirft der Stadt Erpressung vor: „Die wollen mir Angst einjagen“, so Kazak. Sein Kollege Deniz Kilic vom Hotmannspief-Kiosk berichtet von ähnlichen Aktionen.
Für Erdal Kazak ist klar: Er will aus Protest die AfD wählen. Diese verspreche, dass er seinem Geschäft an Sonntagen nachgehen darf. Auf Anfrage von t-online bestätigt das ein Sprecher der AfD in Aachen. Auch seinen Kunden würde Kazak dazu raten, viele würden ihn nachahmen wollen. Mit einigen Aachener Kiosken sei er im engen Kontakt. „Wir sind eine Macht, die nicht gesehen wird“, sagt er. „Die sollen uns nicht unterschätzen.“
Wie passt es zusammen, dass er mit seinem Migrationshintergrund die rechtspopulistische AfD wählen will? „Ich muss den wählen, der mir meine Brötchen verspricht“, so Kazak. Er sei eigentlich gegen die AfD. Doch die Aachener Politik habe ihn in eine „Einbahnstraße“ gedrängt. „Da kommt eine schlechte Partei, bietet mir etwas an, und die guten Parteien, die eigentlich hinter mir stehen sollten, bieten mir nichts“, sagt er. Die Existenz seiner Familie sei gefährdet, er habe keine andere Wahl.