Er war vor den Olympischen Spielen der Favorit auf Gold. Am Ende hielt Leo Neugebauer den Nerven stand — doch ein anderer landete überraschend vor ihm.
Aus Paris berichtet Melanie Muschong
Als Leo Neugebauer nach den 1.500 Metern im Ziel ankam, wurde er von seinem deutschen Kollegen Till Steinfourth umarmt und schaute auf die Anzeigetafel. Als diese noch kein Ergebnis parat hatte, legte er sich auf den Boden und streckte die Arme von sich, die Knie angewinkelt. Diese Position hatte er auch noch inne, als er erfuhr, dass er Silber gewonnen hatte. Obwohl der 25-Jährige nach dem ersten Wettkampftag noch führte, machte ihm der 22-jährige Norweger Markus Rooth Gold noch streitig.
Die Freude trübte das bei Neugebauer jedoch nicht, wie er in der Mixed Zone des Stade de France erzählte: „Ich freu‘ mich. Es ist eine Silbermedaille bei Olympischen Spielen, da kann man nicht mehr erwarten. Ich gehe heim mit einem Lächeln.“
Auf t-online-Nachfrage, was er gerade fühlt, sagte Neugebauer: „Ich fühle mich sehr erleichtert. Einfach eine Medaille gewinnen zu dürfen bei den Olympischen Spielen ist unbeschreiblich. Jetzt wird erstmal schön gefeiert und geschlafen.“
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Der entscheidende Moment des olympischen Zehnkampfes im Duell um den Sieg war der Stabhochsprung am Samstagnachmittag gegen 15 Uhr. Rooth hatte die 5,30-Meter-Marke geschafft, und damit eine persönliche Bestleistung aufgestellt. Er rannte im Anschluss mit ausgebreiteten Armen in Richtung Tribüne. Er hüpfte, sprang und war außer sich. Vielleicht auch, weil er da schon ahnte, dass er dem deutschen Zehnkämpfer Neugebauer einen Strich durch den Gold-Traum bei Olympia machen würde.
Neugebauer kam nicht über 5,00 Meter hinaus. Nach seinem Wettkampf gestand er, dass er beim Stabhochsprung „schon bisschen mehr“ erreichen wollte, es im Sport aber eben „Höhen und Tiefen“ gebe und er alles gegeben habe. Zwar lag er nach der drittletzten Disziplin noch vorne. Allerdings ist der 25-Jährige weder im Speerwerfen, noch auf den 1.500 Metern der Stärkste. Und so trat das Szenario ein, was er nach der Leichtathletik-WM in Budapest vermeiden wollte: Trotz Goldkurs am ersten Tag, konnte er die Führung erneut nicht halten. Nach dem Speerwerfen rutschte Neugebauer auf Platz zwei ab – doch im Gegensatz zur WM, wo er Fünfter wurde, belohnte er sich dennoch mit olympischem Edelmetall.
Und ließ dann auch seinen aufgestauten Emotionen der beiden Wettkampftage freien Lauf. Er ließ sich bei der Ehrenrunde gebührend feiern, riss die Arme nach oben und posierte für Fotos. Zudem umarmten Niklas Kaul und er sich freundschaftlich. Kaul war es auch, der dann spät am Abend meinte: „Zehnkampf ist nun mal nicht vorbei, bis nicht alle Disziplinen vorbei sind. Und wir haben jetzt wieder gesehen, es war ein sehr dramatischer Zehnkampf. Gerade Stabhochsprung hat alles nochmal ziemlich durcheinander gewirbelt.“
Und eben für einen Ausgang gesorgt, den sich Neugebauer sicher anders gewünscht hätte. Zwar gab sich der Athlet des VfB Stuttgart in der Mixed Zone betont lässig, als er sagte: „Ach, ich habe einfach mein Ding gemacht, mein Bestes gegeben, das ist alles, was zählt.“ Doch Kaul erklärte, dass er „nicht gedacht“ hätte, dass einer der Norweger den Sieg holt. Auch Sander Skotheim lag bis zum Stabhochsprung gut, legte dann aber ebenso drei Fehlversuche hin, wie der Tokio-Olympiasieger Damian Warner. Beide Mitfavoriten schieden aus.
Dass es am Ende für Neugebauer nicht zu Gold gereicht hat, sieht auch Kaul als nicht so entscheidend. „Es gibt nichts Größeres für einen Sportler. Es ist eine Olympia-Medaille, hatten wir seit 28 Jahren nicht mehr“, so Kaul.
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