Chanukka gehöre zu Deutschland wie Weihnachten und das Zuckerfest, sagt der Kanzler. Aber er fordert im Alltag noch mehr: Empathie und „Herzensbildung“.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Offenheit und Mitgefühl für die Jüdinnen und Juden in Deutschland eingefordert. „Wir alle haben die Aufgabe, uns jeden einzelnen Tag richtig zu entscheiden: für Empathie, für Solidarität, für ein offenes Ohr und ein offenes Herz“, sagte der SPD-Politiker am Abend beim Jüdischen Gemeindetag in Berlin. Das sei die Basis unserer offenen Gesellschaft.

Jüdisches Leben in Deutschland sei eine Selbstverständlichkeit, es gehöre genauso alltäglich und unspektakulär dazu wie andere Religionen auch. Ein Zeichen dieser Selbstverständlichkeit sei, dass „Chanukka zu Deutschland gehört genau wie Weihnachten und das Zuckerfest, dass Synagogen zu Deutschland gehören wie Kirchen und Moscheen, dass wir in diesem Land untrennbar zusammengehören“.

Scholz: Rechtsstaat geht entschlossen gegen antisemitische Hetze vor

Scholz bekräftigte, dass der Rechtsstaat entschlossen gegen antisemitische Hetze vorgehe und im neuen Staatsbürgerschaftsrecht Antisemitismus einer Einbürgerung entgegenstehe. Doch für die Selbstverständlichkeit, die er sich wünsche, bedürfe es mehr als des Strafrechts, der Polizei und Justiz. Zusammenleben sei mehr, als nebeneinanderher zu leben. Nötig sei Mitgefühl ohne Relativierung.

Es bekümmere ihn, wenn Jüdinnen und Juden ihre eigenen Solidaritätskundgebungen organisieren müssten und fragten, wo die Anteilnahme bleibe. Es gelte, Empathie zu wecken. „Ein Schlüssel ist und bleibt Bildung“, sagte Scholz. Dabei gehe es um Fakten zur Shoah, zu Antisemitismus, Israel und zum Nahostkonflikt. Aber es gehe auch um die Vermittlung von Verantwortung, die sich aus der deutschen Geschichte ergebe.

„Wir sind Bürgerinnen und Bürger desselben Landes, wir sind Nachbarinnen und Nachbarn, Arbeitskolleginnen und Kollegen“, sagte Scholz. „Und es gehört doch zur Herzensbildung, Anteil zu nehmen, wenn unsere Nachbarinnen und Nachbarn, Arbeitskolleginnen und Kollegen trauern und Angst haben.“

Antisemitische Vorfälle in Deutschland nach Hamas-Angriff auf Israel

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, erinnerte an antisemitische Vorfälle in Deutschland nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober. „Sie haben Konsequenzen angekündigt und sind dabei sie umzusetzen – wir unterstützen Sie dabei bis zum Ende dieses Weges“, sagte Schuster an den Kanzler gerichtet.

Er forderte die Bundesregierung auf, in Zukunft auch bei den Vereinten Nationen an der Seite Israels zu stehen. Bisher wabere sie zwischen den Stühlen, meinte der Zentralratspräsident. Die Bundesregierung mache sich so angreifbar. Scholz bekräftigte, dass Deutschland an der Seite Israel stehe und auch konkrete Hilfe biete.

Der Jüdische Gemeindetag läuft seit Donnerstag und noch bis Sonntag mit Diskussionen, Workshops und Gebeten in Berlin. Angemeldet sind nach offiziellen Angaben etwa 1400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Jüdischen Gemeinden in Deutschland zählen etwa 95.000 Menschen.

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