News folgen

Abgeschottet von der Welt, mit selbst geschriebener Bibel und eigener Heiligenschar: Die palmarianische Kirche ist eine der bizarrsten Abspaltungen der katholischen Welt.

Am Rand eines spanischen Dorfes steht eine Kathedrale für 100 Millionen Euro – gebaut nicht von der katholischen Kirche, sondern von einer kleinen, abgeschotteten Glaubensgemeinschaft mit eigenem Papst: der palmarianisch-katholischen Kirche. Ihr Oberhaupt nennt sich Petrus III., residiert in Palmar de Troya – und hält sich für das einzige legitime Oberhaupt der Weltkirche.

Alles begann im Frühling des Jahres 1968. Im kleinen andalusischen Dorf Palmar de Troya, rund 40 Kilometer südlich von Sevilla, behaupten vier Schulmädchen, ihnen sei die Jungfrau Maria erschienen. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Pilger strömten in den Ort, berichteten von Lichtphänomenen, Heilungen und weiteren Erscheinungen. Die katholische Kirche blieb skeptisch – und erkannte das Geschehen nie offiziell an.

  • Marmor, Gold und Prunk: Bald residiert hier wieder ein Papst
  • Der Papst auf seiner letzten Reise: Seine Schuhe sagen mehr als viele Worte

Ein Jahr später, 1969, trat ein Mann auf den Plan, der das kleine Dorf für immer verändern sollte: Clemente Domínguez y Gómez.

Vergrößern des Bildes
Kathedrale in Palmar de Troya: Zentrum einer abgeschotteten Glaubensgemeinschaft. (Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb | epa efe Eduardo Abad)

Er hatte einen schweren Start ins Leben: Homosexuell, von Mitschülern gemobbt, versuchte er sogar einmal, sich das Leben zu nehmen. Als er sich zum Priester berufen fühlte, wurde er abgelehnt – sowohl vom Priesterseminar als auch vom Dominikanerorden. Stattdessen wurde er Buchhalter.

Ab Sommer 1969 besuchte Gómez Palmar de Troya fast täglich. Irgendwann erzählte er, ihm seien Christus und Maria erschienen. In seinen Visionen wetterte die Muttergottes gegen die kirchlichen Reformen, prangerte Häresie und „Progressivismus“ an. Einmal, so wird behauptet, habe Gómez bei einer Erscheinung 16 Liter Blut verloren – eine medizinische Unmöglichkeit, die von Ärzten nie bestätigt wurde.

Im selben Jahr nahm die Geschichte jedoch eine spektakuläre Wendung: Der ehemalige katholische Erzbischof von Huế in Vietnam, Pierre Martin Ngô Đình Thục, der selbst isoliert und umstritten war, reiste nach Spanien. Dort weihte er Gómez am 1. Januar 1976 zunächst zum Priester, nur zehn Tage später sogar zum Bischof. Eine Weihe, die ohne päpstliche Erlaubnis erfolgt war – und daher gegen das Kirchenrecht verstieß.

  • Von Sedisvakanz zum Konklave: Die uralte Choreografie des Papstwechsels

Gómez nannte sich aber fortan Bischof Primas Pater Clemente und begann seinerseits, Priester- und Bischofsweihen durchzuführen – weihte teilweise Minderjährige. Die palmarianische Bewegung formierte sich langsam zu einer eigenen Kirche.

1976 erlitt Pater Clemente einen schweren Autounfall, bei dem er beide Augen verlor. Doch an Rückzug dachte er nicht – im Gegenteil. Er behauptete, Maria habe ihm in einer weiteren Erscheinung den neuen Namen „Pater Fernando“ verliehen.

Clemente Domínguez y Gómez: Er gründete die palmarianische Kirche, eine Sekte, die mit der Kirche in Rom gebrochen hat. (Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Emilio_Morenatti)

Am 6. August 1978, dem Todestag von Papst Paul VI., erklärte Clemente schließlich, er habe erneut eine himmlische Botschaft empfangen. Diese verpflichte ihn, den vakanten Stuhl Petri selbst zu übernehmen. Seine sogenannten Kardinäle erhoben ihn daraufhin zum Papst Gregor XVII. – ein radikaler Bruch mit Rom.

Für die römisch-katholische Kirche ist die Lage klar. 1983 erklärte die Glaubenskongregation offiziell, dass die Weihen von Clemente ungültig seien. Der selbst erklärte Papst, seine Kardinäle und alle von ihm Geweihten wurden exkommuniziert – also aus der Kirche ausgeschlossen.

Doch dies setzte der Bewegung kein Ende. Die palmarianisch-katholische Kirche ging in einen ideologischen Krieg mit dem Vatikan über. Sie bezeichnete die katholische Kirche in Rom fortan als „verfallen“ und sich selbst als einzig wahre Kirche auf Erden.

Rund um das Jahr 2000 veröffentlichte die Gemeinschaft eine eigene Bibelübersetzung, die auf eine Überarbeitung durch Clemente zurückgeht. Inhaltlich ist sie stark verändert – angepasst an die Lehren der Palmarianer. Nicht Rom, sondern Palmar de Troya war der neue Mittelpunkt des wahren Katholizismus.

Share.
Exit mobile version