Die Hochzeit von Jeff Bezos in Venedig zeigt eindrucksvoll, wie groß der ökologische Fußabdruck von Superreichen ist. Das darf aber nicht zu einer Ausrede verkommen.
Sie reisen mit Privatjets und auf Yachten an, um mehrere Tage lang im Luxus zu schwelgen: Mindestens 200 prominente Menschen aus aller Welt haben Amazon-Gründer Jeff Bezos und die TV-Moderatorin Lauren Sánchez zu ihrer aufsehenerregenden Hochzeit nach Venedig eingeladen. Sie logieren in vier Luxushotels, gefeiert wird auf einer Privatinsel, mehrere Orte sind für die unterschiedlichen Veranstaltungen gemietet, ganze Bereiche der Stadt für Boote und Fußgänger abgesperrt.
Viele Details hat das Brautpaar darüber hinaus nicht bekannt gegeben. Doch so viel kann man sagen: Diese Hochzeit wird nicht nur teuer (geschätzte 50 Millionen Euro), sondern auch alles andere als umwelt- und klimafreundlich.
Amazon-Gründer Jeff Bezos ist mit einem Vermögen von aktuell 215 Milliarden US-Dollar laut der Milliardärsliste des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ der drittreichste Mensch der Welt. Auch Tesla-Gründer Elon Musk und der Gründer von Facebook, Mark Zuckerberg, die Platz 1 und 2 der Rangliste belegen, sollen unter den Hochzeitsgästen sein. Wie viele Emissionen das Riesen-Event genau verursacht, lässt sich nur schwer schätzen. Aber allein die beiden Privatjets von Jeff Bezos waren einer Untersuchung der Nichtregierungsorganisation Oxfam zufolge im Jahr 2023 für 2.908 Tonnen CO2 verantwortlich. Laut Oxfam bräuchte ein durchschnittlicher US-Amazon-Mitarbeiter fast 207 Jahre, um so viel auszustoßen.
Auch Elon Musk besitzt zwei Privatjets, die den Berechnungen zufolge zusammen 5.497 Tonnen CO2 pro Jahr produzieren. Eine durchschnittliche Person bräuchte demnach 834 Jahre, um so viel CO2 auszustoßen; ein Mensch, der zu den ärmsten 50 Prozent der Welt gehört, sogar 5.437 Jahre.
Kein Wunder also, dass viele gegen die Party des Superreichen protestieren, etwa mit dem Slogan: „Wenn du Venedig für deine Hochzeit mieten kannst, kannst du mehr Steuern zahlen.“ Die italienische Sprecherin von Greenpeace argumentiert, Bezos stehe für „die Arroganz einiger Milliardäre mit einem für den Planeten verheerenden Lebensstil“ und fordert die Besteuerung der enormen Gewinne der Superreichen als einen „ersten Schritt in Richtung sozialer und klimatischer Gerechtigkeit“.
Wenn ich darüber spreche, wie akut die Klimakrise ist und welche Handlungsoptionen es gibt, höre ich inzwischen seltener: „Aber was ist mit China …?“ und dafür häufiger: „Aber was ist mit Superreichen … ?“ Ersteres ist mittlerweile in vielen Kreisen als „Whataboutismus“ entlarvt – also als ein rhetorisches Mittel, das vor allem dazu dient, die angesprochenen eigenen Probleme zu relativieren. Letzteres dagegen scheint, gerade in linken Kreisen, als angesagtes und legitimes Argument zu gelten. Beides dient nicht selten als Ausrede, um selbst nichts ändern zu müssen, nach dem Motto: „Die anderen sind doch viel schlimmer, was soll ich schon tun?“