Alexej Nawalny ist tot. Schon 2020 war der Putin-Gegner nach einer Vergiftung in Berlin behandelt worden. Ein heutiger Grünen-Politiker war damals sein Notarzt.

Mit Alexej Nawalny ist einer der prominentesten Gegner von Russlands Machthaber Wladimir Putin gestorben. Die Gründe für seinen Tod sind unbekannt, bisher gibt es nur Informationen aus russischen Staatsquellen. Nawalny war schon Ende 2020 mit dem komplexen Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden, der laut Experten nur von wenigen Staaten hergestellt werden kann. Darunter Russland.

Damals wurde Nawalny nach längerem Streit zur Behandlung nach Berlin geflogen. Der heutige Grünen-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen arbeitete zu der Zeit als Notfallmediziner in Berlin. Bei Nawalnys Ankunft auf dem Flughafen Tegel hat er sich um ihn gekümmert, wie der Grüne öffentlich gemacht hat. Was denkt Janosch Dahmen heute über die Vorgänge?

t-online: Herr Dahmen, Sie haben öffentlich gemacht, dass Sie Alexej Nawalny Ende August 2020 als Notarzt behandelt haben. Der Kremlkritiker war damals nach einer Nowitschok-Vergiftung zur Behandlung nach Berlin geflogen worden. Wie kam es dazu und was war Ihre Aufgabe?

Janosch Dahmen: Ich habe damals noch als Notfallmediziner gearbeitet. An dem Tag war ich als Oberarzt für die ärztliche Leitung des Rettungsdienstes zuständig und damit auch für derartige Sonderlagen. Es hatte sich über mehrere Tage abgezeichnet, dass die Zivilgesellschaft einen Ambulanzflug organisieren wollte, um Alexej Nawalny aus Russland zu holen. Bis zum Abheben war jedoch unklar, ob das gelingen würde. Wir hatten trotzdem Vorsorge getroffen. Und als Nawalny auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel landete, habe ich mich dort als Einsatzleiter um ihn, die Angehörigen und den Transport in die Charité gekümmert.

Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Als Nawalny in Deutschland angekommen ist, war er bekanntermaßen in einem sehr, sehr kritischen medizinischen Zustand. Die Ursache dafür war damals noch völlig unklar. Die Angehörigen, die ihn begleitet haben, waren genau wie wir sehr besorgt. Natürlich haben wir uns gefragt, was vorgefallen war und wie es weitergehen würde.

Alexej Nawalny wurde dann einen Monat lang in der Berliner Charité behandelt. Im Anschluss wurde mit seinem Einverständnis ein Behandlungsbericht veröffentlicht. Wie knapp hat er damals den Giftanschlag überlebt?

Aus allem, was öffentlich bekannt ist, wird sehr deutlich: Das Ziel derjenigen, die ihn vergiftet haben, war, ihn umzubringen. Es war glücklichen Umständen geschuldet, dass er durch eine sehr komplexe intensivmedizinische Behandlung und viel Sachverstand überhaupt überlebt hat. Der Anschlag hat einmal mehr die ganze Grausamkeit des Putin-Regimes im Umgang mit seinen Gegnern gezeigt.

Was sind heute an diesem Tag Ihre Gedanken?

Als Notfallmediziner sieht man zwangsläufig viele grausame Schicksale. Nicht alle bleiben einem in Erinnerung. Bei diesem Einsatz ist das nicht nur wegen der Umstände anders, sondern vor allem, weil die Eindrücke bei mir ein ganz starkes Gefühl hinterlassen haben. Ich hatte gehofft, dass es am Ende gut für ihn ausgeht. Dass am Ende die Gerechtigkeit irgendwie siegen wird, nachdem er zurück nach Russland gegangen ist. Nun hat die Grausamkeit von Putins Regime gesiegt. Das ist bitter. Es stimmt mich nicht nur menschlich traurig, ich bin auch wütend.

Was folgt für Sie aus der Wut?

Als Politiker ist das Schicksal Alexej Nawalnys für mich nun ein Auftrag. Wenn wir nicht wollen, dass sich das mit immer grausameren Folgen fortsetzt, müssen wir mit aller Konsequenz gegen Putins Regime vorgehen. Derzeit besonders, indem wir die Ukraine unterstützen.

Herr Dahmen, vielen Dank für das Gespräch.

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