Intel nimmt Abstand vom Bau einer Fabrik in Magdeburg. Das führt in der Ampel zu neuen Spannungen. Aber ein Wirtschaftsexperte warnt davor, die Diskussion einfach auszusitzen.
Der US-Chipkonzern Intel hat den Baustart seines Werks in Magdeburg aus wirtschaftlichen Gründen um zwei Jahre verschoben. Die Sorge ist groß, dass der Konzern sich nicht erholt und das Projekt komplett scheitert. Das wäre eine große Enttäuschung für die Region, denn inklusive Zulieferern sollten mit der Fabrik 10.000 Arbeitsplätze entstehen.
Auch für die Ampelregierung wäre das ein herber Schlag, immerhin hatte sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im vergangenen Jahr lange darum bemüht, Intel nach Deutschland zu holen. Zur Unterstützung sollten mehrere Milliarden Euro an Subventionen fließen. Um dieses Geld ist nun bereits ein Streit entbrannt, dabei sind viele Fragen noch ungeklärt. Mehr zur Intel-Absage lesen Sie hier.
Klaus-Heiner Röhl, Ökonom am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, sagt im Gespräch mit t-online: „Das Problem ist die große Unsicherheit, die nun in Sachsen-Anhalt und auch in ganz Deutschland entsteht. Deshalb sollte die Politik schnell über Alternativen entscheiden.“
Damit meint der Experte die Fördergelder in Höhe von rund zehn Milliarden Euro, die der Bund dem Konzern versprochen hatte. Dass dieses Geld nun zumindest nicht in diesem Jahr fließen wird, weckt bereits erste Begehrlichkeiten.
So forderte Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf der Plattform X, alle nicht benötigten Mittel für das Werk in Magdeburg müssten nun „zur Reduzierung offener Finanzfragen“ im Bundeshaushalt reserviert werden. „Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik.“
Das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) hält dagegen, will das Geld im Klimatransformationsfonds belassen und eventuell für anderweitige Investitionen in diesem Bereich verwenden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält sich bisher zurück, doch aus seiner Partei kommen die ersten Stimmen, die Kritik an Lindner und Habeck für das aktuelle Vorgehen üben. Mehr zu den Diskussionen in der Ampel lesen Sie hier.
Eine entscheidende Frage ist dabei noch ungeklärt: Inwiefern können die für Intel geplanten Gelder überhaupt umgewidmet werden? „Rein rechnerisch stehen die Gelder jetzt wieder zur Verfügung. Für die EU-Schuldenregeln ist egal, wie sie ausgegeben werden“, so Röhl. „Bei der Schuldenbremse ist es anders, man kann aus dem Transformationsfonds nicht einfach Haushaltslöcher stopfen.“
Wie es also genau weitergeht, ist derzeit noch offen. Und es hängt entscheidend damit zusammen, wie sich die Lage bei Intel entwickelt. Das Unternehmen hatte am Montagabend nach Börsenschluss mitgeteilt, dass sich der Baustart in Magdeburg voraussichtlich um zwei Jahre verzögert. Zudem würden die Pläne für ein Werk in Polen vorerst auf Eis gelegt. Der US-Konzern gab zudem etwa den Verkauf von Immobilien bekannt. Das alles ist Teil eines umfassenden Sparprogramms.
„Es kam nicht überraschend, Intel hatte schon seit einer Weile einige Probleme“, sagt Röhl dazu. Tatsächlich wird dem Konzern nachgesagt, den Boom bei Künstlicher Intelligenz (KI) verschlafen zu haben. Die Chips des Unternehmens erfüllten nicht die Leistungsanforderungen, die KI-Anwendungen an die Hardware stellen, heißt es. Gleichzeitig schwindet die Nachfrage nach klassischen Prozessoren. Intel hat also gleich mehrere interne Baustellen – bevor mit neuen physischen Baustellen begonnen werden kann. Mehr dazu lesen Sie hier.
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), hofft derweil, dass die Fabrik kommen wird. Und setzt auch weiter auf Unterstützung aus dem Bund. „Ich weiß, was ich weiß. Und die Fakten, die dafür auch uns zugrunde liegen, einschließlich dem Kanzleramt, einschließlich auch in Brüssel, sagen eins: An diesem Projekt sollte und muss aus logischen Gründen zum jetzigen Zeitpunkt festgehalten werden“, sagte Haseloff in Magdeburg.