Was sagen die Koalitionspartner der Grünen?
In einer gemeinsamen Erklärung vor der Presse bedauerten Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock den aus ihrer Sicht unnötigen Zusammenbruch der Koalition. Lösungsansätze gebe es zwar, die FDP sei aber „nicht bereit, diese Wege zu gehen“. Mit Blick auf Neuwahlen sagte Habeck: „Wir haben in den USA gesehen, was passiert, wenn ein Wahlkampf und eine politische Debatte durch Hass und Hetze, durch Populismus und Spaltung vergiftet sind.“ Deutschland ist in der Lage, Dinge anders zu machen: Deutschland wird es besser machen.“
Was wird jetzt in Deutschland passieren?
Bundeskanzler Scholz hat angekündigt, dass er am 15. Januar eine Vertrauensfrage im Bundestag stellen wird. Dann sei es möglich, bis Ende März Neuwahlen zum Bundestag durchzuführen. Mit der Vertrauensfrage nach Artikel 68 des Grundgesetzes kann der Bundeskanzler feststellen, ob seine Politik vom Bundestag unterstützt wird, ob er also noch über die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten verfügt. Stimmt die Mehrheit der Abgeordneten nicht dafür, kann der Bundespräsident den Bundestag auf Vorschlag des Bundeskanzlers innerhalb von 21 Tagen auflösen, woraufhin Neuwahlen anberaumt werden.
Wie wird die Regierung weiterhin agieren?
Die Bundeskanzlerin bleibt im Amt und SPD und Grüne setzen ihre Arbeit als Minderheitsregierung fort. Die von der FDP geführten Ministerien werden von Politikern der SPD und der Grünen übernommen. Scholz kündigte an, trotz des Scheiterns der Koalition bis Ende des Jahres Gesetze zur Abstimmung bringen zu wollen, die er für strategisch wichtig hält und die nicht aufgeschoben werden dürfen. Dazu gehört ein Paket von Sofortmaßnahmen für die Industrie. Für die Umsetzung dieser Pläne müssten dann allerdings Mehrheiten im Bundestag gefunden werden – und das wird ohne Einbindung der Opposition kaum machbar sein.
Gab es das in der deutschen Geschichte schon einmal?
Dreimal fanden in der Bundesrepublik Deutschland vorgezogene Neuwahlen statt: 1972, 1983 und 2005. Bundeskanzler Willy Brandt von der SPD überreichte dem Bundestag 1972 das Vertrauen. Grund dafür war die schwindende Unterstützung für ihn Ostpolitik unter den Abgeordneten. Brandt hat das Vertrauensvotum verloren, was er beabsichtigt hatte. Bei den Neuwahlen wurde er erneut zum Bundeskanzler gewählt. Im Jahr 1982 kam es zu einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen den amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt von der SPD, unter anderem wegen Differenzen über dessen Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Die Mehrheit der Abgeordneten entzog Schmidt das Vertrauen, Helmut Kohl von der CDU wurde Bundeskanzler. Um die Legitimität seiner Kanzlerschaft zu untermauern, stellte Kohl dem Bundestag gleich einen Vertrauensvotum. Bei den darauffolgenden Wahlen wurde er zum Bundeskanzler gewählt. Im Jahr 2005 berief Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eine Vertrauensfrage ein und verlor die Abstimmung. Die CDU/CSU gewann im selben Jahr die Neuwahlen – und markierte damit den Beginn der 16-jährigen Regierungszeit von Angela Merkel.