SPD-Krise

Pistorius: „Ich habe auf gar nichts verzichtet“


Aktualisiert am 22.11.2024 – 02:16 UhrLesedauer: 3 Min.

Verteidigungsminister Boris Pistorius bei der Bundeswehr (Archivbild). (Quelle: IMAGO/kolbert-press/Martin Agueera)

Boris Pistorius zieht zurück, die SPD geht mit Olaf Scholz ins Rennen. Die anderen Parteien gießen Hohn und Spott über die Sozialdemokraten aus.

Es sind turbulente Tage für die Sozialdemokratie in Deutschland. Nach einer von vielen als quälend lang empfundenen Debatte um den Kanzlerkandidaten der Partei, hat sich die Frage der personellen Aufstellung für den bevorstehenden Wahlkampf durch den Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius geklärt. Damit ist der Weg frei für den amtierenden Kanzler Olaf Scholz. Er wird die SPD in den kommenden Wochen in den kurzen Winterwahlkampf als Spitzenkandidat führen.

Im Interview mit dem RTL-Nachtjournal hat der Verteidigungsminister zu der seit Tagen aufflammenden Debatte nun Stellung bezogen. Er betonte, dass es seine eigene Entscheidung war, nicht für die Kandidatur zur Verfügung zu stehen. „Ich habe auf gar nichts verzichtet. Verzichten kann man nur auf etwas, 1was man hat oder was einem angeboten worden ist. Ich habe erklärt, dass ich nicht zur Verfügung stehe. Das ist ein Unterschied“, sagte Pistorius.

Zwar hatte es kein offizielles Angebot der Parteispitze der SPD an Pistorius gegeben, ob er als Kanzlerkandidat infrage komme, jedoch waren in den vergangenen Tagen immer mehr Stimmen laut geworden, die sich Pistorius als Spitzenkandidat gewünscht hatten. Vor allem die Basis der Partei hatte sich deutlich gegen Olaf Scholz und für Pistorius positioniert.

Das hatte die Parteispitze – die sich zwar stets hinter Scholz versammelt, ihn aber noch nicht offiziell als Kanzlerkandidat nominiert hat – in einem schlechten Licht dastehen lassen, wie viele parteiinterne Kritiker monierten, darunter auch der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner. Zuletzt war der Druck auf die SPD-Spitze gewachsen, endlich zu einer Entscheidung im Hinblick auf die Kanzlerkandidatur gekommen. Mit seinem Rückzug am Donnerstag war Pistorius einem Votum der Parteigremien zuvorgekommen.

Auf die Frage, ob Druck auf ihn ausgeübt worden sei, antwortete der Verteidigungsminister: „Wenn dann jemand, so wie ich jetzt in diesem Fall sage, ich handle nach meinem Verständnis von staatspolitischer Verantwortung, nach meiner Überzeugung, dann kann sich das die Öffentlichkeit nicht vorstellen, dass dahinter nicht Drohungen oder Belohnungen gestanden haben. Aber ich kann Ihnen versichern: Nichts davon hat stattgefunden“.

Für die Opposition ist der schleppende Prozess der SPD-Kanzlerkandidatenkür inklusive öffentlicher Personaldebatte ein gefundenes Fressen. So reagierte FDP-Vize Wolfgang Kubicki mit Spott. „Aus parteipolitischen Gründen kann ich mich nur über diese Entscheidung freuen“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Die SPD setzt klar auf das Signal eines Weiter so, was auf die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in der aktuellen wirtschaftlichen Krisenlage sicher Eindruck haben wird.“

Ferner sei es bezeichnend, „dass Pistorius diese Frage als selbstbestimmte Entscheidung vorträgt, nach Tagen der Spekulationen und des unwürdigen Gewürges“, so Kubicki.

Ähnlich äußerte sich der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten frei. „In der SPD ist in den letzten Tagen ein brutaler Machtkampf ausgefochten worden, aus dem Olaf Scholz zwar als Sieger und doch katastrophal beschädigt hervorgeht“, sagte Frei dem „Tagesspiegel“. „Es ist deutlich geworden, dass große Teile der Partei und der Fraktion Olaf Scholz nicht weiter folgen wollen und ihm keinen Wahlsieg mehr zutrauen. Wie soll ein Kanzler, der kaum seine eigene Partei von der Richtigkeit seiner Politik zu überzeugen vermag, die Menschen im Land überzeugen?“

Boris Pistorius gab sich hingegen optimistisch, dass die Wahl trotz der Querelen innerhalb der SPD erfolgreich für seine Partei ausgehen kann. „Ich gehe davon aus, dass wir die Koalition, dass wir eine Koalition anführen“, erklärte er im „RTL-Nachtjournal“. „Und dass ich dann als Verteidigungsminister, und das ist mir wirklich ein Herzensanliegen, meine Arbeit fortsetzen kann“.

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