Ob sich der HSV und Dynamo Kiew das so vorgestellt haben? Zum ersten Gastspiel der Ukrainer in Hamburg kamen nur ein paar Tausend Fans. Sie sahen ein Spiel ohne Gewinner.

Es ist leer an diesem Mittwochabend im Volksparkstadion. Kaum ein Fan ist hier, um Dynamo Kiew gegen Lazio Rom zu sehen – bei 14 Grad, Regen und kaltem Wind. Gerade einmal 7.751 Menschen haben sich ein Ticket gekauft, fast 50.000 Plätze bleiben frei. Vom großen Zauber des Europapokals ist nichts zu spüren. Eine deprimierende Niederlage für alle Beteiligten.

Ukrainische Vereine können ihre internationalen Spiele wegen des russischen Angriffskriegs gegen das Land nicht zu Hause austragen. Der HSV vermietet sein Stadion deshalb an Dynamo Kiew. Im vergangenen Jahr war Schachtar Donezk als Untermieter in Hamburg; die Gastfreundschaft soll dem HSV Einnahmen in Millionenhöhe beschert haben. Logisch, dass der chronisch klamme Zweitligist das wiederholen möchte.

Doch kaum wird die Vereinbarung im Anfang September bekannt, machen Rassismusvorwürfe gegen Kiews Fans die Runde. Die Zeit titelte einst nach einem Dynamo-Heimspiel, „Schwarze sollten dieses Stadion meiden“. Die HSV-Fanszene protestiert sofort laut. Sie positioniert sich gegen Rechts, kämpft für Toleranz und Weltoffenheit und versucht, die schwierige Geschichte ihrer eigenen Kurve (Stichwort: „Die Löwen“ und der Tod von Adrian Maleika) nachhaltig aufzuarbeiten. Der Deal mit Kiew ist ein großer Rückschlag für die Fans: Sie fürchten, das Gastspiel höhlt die Werte, die sie vorleben, aus.

Auch der HSV steht schon jetzt als großer Verlierer da. Wenn Dynamo Kiew demnächst gegen Pilsen, Budapest und Riga spielt, dürfte es noch viel leerer im Volkspark werden. Der HSV hat den großen Geldsegen schon abgeschrieben, sagt, es gehe ihm primär darum, ein Zeichen der Unterstützung zu setzen. Das kann man ihm glauben.

Oder man wertet es als Eingeständnis dafür, dass er beim Blick auf die dicken Einnahmen, die im Europapokal manchmal winken, den Sinn für die Realität etwas verloren hat. Gastfreundschaft ist gut – doch der HSV sollte sich lieber zweimal überlegen, die eigene Fanszene künftig mit ins Boot zu holen. Das enge Band zwischen Kurve und Klub hält vieles aus, aber nicht alles.

Auch die Fans von Dynamo Kiew gehen als Verlierer nach Hause. Ihr Trauerspiel beginnt schon auf dem Gelände vor der Arena. Niemand verkauft hier Bier oder Wurst, es gibt keine Musik, keine Party, keine Stimmung. Auf der Nordtribüne setzt sich das Drama fort. 10.000 Fans haben hier Platz, heute sind höchstens 1.000 gekommen.

Es läuft nicht gut für Dynamo, am Ende setzt es eine deutliche 0:3-Klatsche. Stimmungsvoll wird es während der 90 Minuten entsprechend selten. Diesen Rahmen haben weder die Fans, die ihre Mannschaft lange nicht sehen konnten, noch die Spieler verdient.

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