Sie haben im Februar eine Party veranstaltet, auf der es zwischen dem Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Berliner Kultursenator Joe Chialo zu einem Zwischenfall gekommen ist. Chialo hat nun – aus anderen Gründen – seinen Rückzug von dem Posten angekündigt.
Ich habe das kommentiert mit: Jetzt weiß jeder, wann ich Geburtstag habe (lacht). Spaß beiseite: Gefallen hat mir das nicht. Ich habe klar gesagt: keine Bild- oder Tonaufnahmen, keine Berichterstattung auf meiner privaten Geburtstagsfeier. Es sollte ein geschützter Raum sein – in einer zugegeben politisch angespannten Woche. Viele Gäste, auch Journalistinnen und Journalisten, haben den Austausch genutzt – auch mit dem Kanzler. Zwei Wochen später gab es dann doch eine Berichterstattung.
Immerhin soll Scholz den CDU-Senator einen „Hofnarren“ genannt haben, manche warfen Scholz daher Rassismus vor – Chialo aber nicht. Verletzt fühlte er sich dennoch.
Ich kann verstehen, dass sich ein Betroffener angefasst gefühlt hat – und das bedaure ich auch. Aber rassistisch war das nicht. Olaf Scholz ist kein Rassist.
Haben Sie mit den Betroffenen noch einmal gesprochen?
Ich habe mit allen, die an der Diskussion teilgenommen haben, Kontakt gehabt. Ich habe auch versucht, mit dem betroffenen Kultursenator Herrn Chialo ein Gespräch zu führen. Doch bis heute kam es nicht dazu. Chialo hat meine Kontaktversuche zumindest bis heute nicht erwidert. Für mich ist das Thema inzwischen abgeschlossen. Nachdem nun bekannt geworden ist, dass Joe Chialo sein Amt aufgibt, wünsche ich ihm auf diesem Wege alles Gute für die Zukunft. Ich werde auch nächstes Jahr wieder alle einladen – auch jene, die berichtet haben.
Hatten Sie den Eindruck, dass die Debatte Einfluss auf die Wahl hatte?
Nein. Die Wahl war vorher schon verloren. Aber es war ein unnötiges Handicap auf den letzten Metern.
Wie bewerten Sie das mit Blick auf Olaf Scholz?
Ich habe größte Hochachtung vor Olaf Scholz. Wer ihn kennt, weiß, dass er kein Rassist ist und sehr wertschätzend mit Menschen umgeht.
Und die Beleidigung „Hofnarr“?
Den „Hofnarren“ hätte sich Scholz besser sparen können. Aber das ist wie bei Satire: Die einen lachen, die anderen fühlen sich angegriffen. Bei einem Kanzler werden aber andere Maßstäbe gesetzt.

Was, glauben Sie, wird Olaf Scholz nach seiner Kanzlerschaft tun?
Das müssen Sie ihn fragen! Aber mal ernsthaft: Er ist 66, er ist Anwalt, er hatte ein Leben vor der Politik. Er war Senator in Hamburg, Abgeordneter, SPD-Generalsekretär, Arbeits- und Sozialminister, Erster Bürgermeister, Finanzminister, Bundeskanzler. So jemand muss nichts mehr erreichen. Aber ich würde es mir wünschen, dass er der neuen Regierung und dem Parlament mit seiner Erfahrung weiterhin zur Seite steht. Ich bedaure, dass er seine Kanzlerschaft nicht zu Ende führen konnte. Er war Kanzler in einer historisch beispiellosen Zeit: Krieg in Europa, Energiekrise, Inflation, explodierende Zinsen, Wiederwahl von Donald Trump. Er hat auch vieles richtig gemacht. Ich glaube, seine Amtszeit wird man rückblickend anders bewerten als heute. Dazu ist es jetzt noch zu früh.
Gilt das auch für Robert Habeck?
Ja. Auch wenn es Fehler gab – das Heizungsgesetz zum Beispiel hätte ich so nicht gemacht. Robert Habeck ist für mich ein anständiger, authentischer Politiker, der nah bei den Menschen war. Ich fand seinen Stil erfrischend und er tat seiner Partei auch gut.

Sie sind ein sehr erfolgreicher Investor – aber haben auch Fehler gemacht. Welches Geschäft bereuen Sie besonders?
Oh ja, immer mal wieder. Zum Beispiel 2007 habe ich vier Bulk-Schiffe gekauft – große Massengutfrachter. So ein Ding hat damals bis zu 70 Millionen Dollar gekostet. Und ich bin mit denen ab 2010 voll in die Schifffahrtskrise gerauscht. Das war eine prägende Erfahrung. Der Schaden war spürbar – aber ich habe es gut verkraftet. Ich habe mich an meine Mutter gehalten, die sagte: „Mach dir keinen Kopf – du hättest das Geld sowieso nicht ausgegeben.“ Und damit hatte sie auch recht!
Wird man bei so großen Verlusten demütig?
Ja, das wird man. Auch wenn mir viele das nicht auf den ersten Blick zutrauen: Ich halte Demut für eine wichtige Eigenschaft im Leben. Niemand – auch nicht der amerikanische Präsident – ist allmächtig oder unersetzlich auf dieser Welt und schon gar nicht für ewig.
Und wo sehen Sie sich persönlich in zehn bis fünfzehn Jahren?
Ich sehe mich weiterhin als Unternehmer und als jemand, der sich auch künftig politisch einbringt. Beides wird mich wohl mein Leben lang begleiten. Ich bin seit Anfang dieses Jahres bereits jetzt schon nicht mehr in den Geschäftsführungen der Beratungsgesellschaften. Die Nachfolgeregelung für meine Unternehmen ist bereits abgeschlossen: Meine Stiftung wird alles irgendwann übernehmen. Somit möchte ich mit dem, was ich erreicht habe, dem Land etwas zurückgeben: Demokratie stärken, gesellschaftliche Vielfalt fördern und Brücken bauen, statt zu spalten.
Herr Christ, vielen Dank für das Interview!