Uli Hoeneß war als Zeuge im Sommermärchen-Prozess geladen. Die Richterin entpuppt sich als Fußballfan, es entwickelt sich ein Dialog. Am Ende lacht der Saal.
Der Zeuge Ulrich Hoeneß, 72, erschien vor dem Landgericht in Frankfurt am Main in aufgeräumter Stimmung. Der Bayern-Patron sollte Licht ins Dunkel der Sommermärchen-Affäre bringen, jene unselige Schmiergeld-Saga, die den deutschen Fußball nunmehr schon seit mehr als einem Jahrzehnt plagt und zu deren zentralen Figuren der unlängst verstorbene Franz Beckenbauer zählte.
Zu Beckenbauers Rolle in der Causa wollte die Vorsitzende Richterin Eva Marie Distler mehr wissen, darum hatte sie speziell Hoeneß vorgeladen, hatte dieser doch in einer TV-Sendung Andeutungen gemacht, die darauf schließen ließen, er könne mehr wissen, als bislang bekannt ist. Doch daraus wurde nichts. Hoeneß verteidigte den Fußballheiligen Beckenbauer, verschaffte ihm quasi eine Reinwaschung.
Wofür die zehn Millionen Schweizer Franken waren, die 2002 über ein Beckenbauer-Konto schließlich in Katar landeten, bleibt also weiterhin ungewiss.
Mit großer Gewissheit versicherte Hoeneß allerdings, dass das Geld nicht für einen Stimmenkauf gedacht war, der zur WM-Vergabe 2006 an Deutschland beigetragen habe. „Die FIFA war damals ein ziemlich korrupter Haufen. Da konnte man schon darüber nachdenken, eine WM zu kaufen. Aber ich bin heute noch davon überzeugt, dass der DFB und Deutschland das nicht gemacht haben. Da bin ich mir sicher“, sagte Hoeneß.
Als Hoeneß dann über die Praxis finanziell recht einträglicher Testspiele des FC Bayern Anfang der 2000er-Jahre sprach, gab er zu, dass der Klub diese heute in dieser Weise nicht mehr machen würde. Da fiel ihm Distler ins Wort: „Mir lag gerade auf der Zunge, dass die Einnahmen in diesem Jahr vielleicht etwas niedriger sind. Aber das ist vielleicht ein anderes Thema“, sagte sie mit einem Augenzwinkern angesichts der sportlich eher dürftigen Situation bei den Bayern.
Richterin: „Ja, wir haben auch andere Probleme“
Hoeneß entgegnete: „Da muss ich Sie enttäuschen. Wir haben ein super Jahr.“ Zerknirscht schickte der Ehrenpräsident des FC Bayern daraufhin seine Glückwünsche ins Rheinland. Bayer 04 Leverkusen sei „vollkommen zu Recht Meister geworden“, sagte er. „Ich habe ihnen heute allen gratuliert und gesagt, dass ich ihnen das gönne“, so Hoeneß. Er schränkte aber gleich ein: „Es ist mir schwergefallen.“
Im Saal erntete Hoeneß dafür einige Lacher. Richterin Distler gab zu, dass ihr dies „wahrscheinlich auch schwergefallen“ wäre. „Aber ich bin kein Bayern-München-Fan, und hier muss man ja die Wahrheit sagen“, erklärte sie. Worauf Hoeneß konterte: „Ich habe gehört, Sie sind Eintracht-Frankfurt-Fan.“
Distler musste diesen Fakt einräumen, schließlich ist sie seit 1984 Vereinsmitglied und sitzt seit diesem Jahr bei der Eintracht im Verwaltungsrat. Dass die sportliche Situation der Frankfurter momentan, ähnlich wie bei den Bayern, nicht den Ansprüchen des Vereins genügt, gab sie gerne zu: „Ja, und wir haben auch andere Probleme.“