Höcke und Weidel treiben die Partei mit prorussischen Resolutionen in eine klare Richtung. Kritische Stimmen aus den eigenen Reihen werden deutlich überstimmt.

Sein Name stand unter dem Papier, auf die Bühne aber ging er zunächst nicht: Eine von Björn Höcke unterstützte Resolution zur Außenpolitik hat am Sonntagabend auf dem AfD-Parteitag eine Mehrheit erhalten. Verabschiedet wurde das Papier gemeinsam mit einer weiteren Resolution, die unter anderem AfD-Chefin Alice Weidel eingebracht hatte.

Für Kritik an den Saalmikrofonen sorgten zwar nicht nur die Anträge, sondern auch das Vorgehen bei der Abstimmung, das Höcke forcierte – am Ende aber wurden beide Papiere mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Beide Resolutionen gehen auf den Krieg in der Ukraine ein – und zementieren die russlandfreundliche Haltung der AfD sowie ihre Offenheit zu Diktaturen weiter. Sie wurden jeweils unterstützt von führenden Funktionären aus Ost wie West: So hatten das Höcke-Papier Landeschefs aus Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein unterzeichnet. Auch der Weidel-Antrag wurde von mehreren Länderchefs gestützt.

Im Höcke-Antrag mit dem Titel „Für ein Europa des Friedens“ heißt es: Es sollten „jederzeit und überall notwendige Kommunikationskanäle“ offengehalten werden und Gespräche geführt werden. „Eine falsche Außenpolitik, welche pseudo-moralische Werte vor genuine Interessen stellt, zerstört nicht nur unseren Ruf in der Welt, sondern vor allem die wirtschaftliche Grundlage“ Deutschlands. „So wie wir aus unserer Tradition heraus leben wollen, sollen auch alle anderen Kulturräume und Zivilisationen das tun können.“

Im Weidel-Antrag wird ein Ende der Sanktionen für Russland sowie der Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert – weil sie den „Kriegsverlauf nicht entscheidend beeinflussen, sondern das Maß an Tod und Zerstörung erhöhen“. Gepocht wird auch auf ein gutes Verhältnis zu China und auf Distanz zu den USA: „Wesentlich stärker als von Russland oder China wird die deutsche Außenpolitik von den USA bestimmt.“

Auf der Bühne warben für die Resolutionen zunächst der sächsische Landeschef Jörg Urban und der Bundestagsabgeordnete Jan Nolte. Beide betonten, dass sie Eskalationen verhindern und Frieden wollten. Dass Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und den Krieg als Aggressor stoppen könnte, spielte dabei kaum bis gar keine Rolle.

Kritik am Kurs der Papiere gab es angesichts der großen Unterstützung prominenter Funktionäre zunächst nur verhalten. Änderungsanträge zielten eher auf einzelne Sätze ab. Der als Transatlantiker bekannte Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter versuchte zwar, die Resolutionen in den Ausschuss für Außenpolitik zu überweisen. „Es gibt so viele Änderungsanträge“, sagte er. Der Fachausschuss solle ein „kohärentes Pamphletchen“ entwickeln. Doch Kleinwächters Vorschlag wurde abgelehnt.

Höcke schließlich sorgte dafür, dass die beiden Außenpolitik-Resolutionen nicht nur gemeinsam beraten, sondern auch im Paket abgestimmt wurden. Er trat am Nachmittag ans Mikrofon, betonte Gemeinsamkeiten der Papiere – „deswegen mein Antrag auf gemeinsame Abstimmung“.

Deutlich übte an diesem Vorgehen der Bundestagsabgeordnete Albrecht Glaser Kritik. Er ist Mitgründer der AfD, ein versierter und auf Parteitagen geschätzter Kenner in Satzungsfragen. Die Papiere seien inhaltlich doch sehr unterschiedlich, kritisierte Glaser. Die „Omnibus-Abstimmung“ nehme die Möglichkeit zur Differenzierung. „Das ist ein Trick“, so Glaser scharf am Saalmikrofon.

Glaser sowie Kleinwächter zählten im Bundestag zu den nur vier AfD-Abgeordneten, die den ukrainischen Präsidenten Selenskyj Mitte Juni bei seinem Besuch im Bundestag nicht boykottierten, sondern seiner Rede lauschten. (Mehr dazu lesen Sie hier.) Beim Parteitag in Essen erging es ihnen ähnlich wie schon da: Sie waren mit ihrer öffentlich geübten Kritik deutlich in der Unterzahl.

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