2009 hat die Stadt Köln das Projekt „Ein Wald für Köln“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, neue Waldflächen zu schaffen. Doch wie entsteht eigentlich ein neuer Wald?
Wer die Rösrather Straße entlangfährt, wird dem Feld gegenüber der Jet-Tankstelle keine größere Aufmerksamkeit schenken. Außer einer Ansammlung von kleinen Trieben gibt es dort nichts zu sehen. Doch die kleinen Triebe werden schon in ein paar Jahren meterhohe Bäume sein – und aus einer einst trostlosen Ackerfläche wird ein Wald von 18.000 Quadratmetern entstehen, das entspricht etwa zweieinhalb Fußballfeldern. Hier, zwischen Ostheim und Rath, wächst der „fünfte Wald für Köln“.
Michael Hundt, Leiter der Kölner Forstverwaltung, wird den Prozess begleiten. Er ist der „Baumeister“ des neuen Waldgebiets. Zum Startschuss Ende November haben 450 Spender etwa 6.000 Bäume angepflanzt. Hundt war dabei. „Durch den vielen Regen war es so schlammig wie damals in Woodstock“, erzählt der Forstamtsleiter t-online. Zu den 6.000 Bäumen sollen noch viele weitere dazukommen. Ein Teil der Fläche ist derzeit noch nicht im Besitz der Stadt, das soll sich aber möglichst schnell ändern. „Der Bebauungsplan sieht klar eine Aufforstung vor, wir werden die Fläche also in den nächsten Jahren zupflanzen“, ist sich Hundt sicher.
Fünf Euro für einen Quadratmeter Wald
Überall in Köln entstehen Neubaugebiete für dringend benötigten Wohnraum. Hundt, sein Team der Forstverwaltung und die Stadt Köln schaffen als eine Art Gegengewicht neue Grünflächen. 2009 hat die Stadt gemeinsam mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e. V. die Initiative „Ein Wald für Köln“ gegründet. Seitdem sind Flächen in den Stadtteilen Junkersdorf, Dellbrück, Lindweiler, Raderthal und jetzt Ostheim aufgeforstet worden. Ab November 2024 folgt der sechste neue Wald in Kalk.
„Die Idee war eigentlich einmalig gedacht. Das Ganze ist dann aber so gut gelaufen, dass es zu einem festen Bestandteil unseres Jahresprogramms geworden ist“, sagt Hundt. Finanziert werden die Aufforstungen durch Spenden. Mit fünf Euro kann jeder Kölner einen Quadratmeter Wald pflanzen lassen. Die Spendenaktion ist so beliebt, dass bei jedem neuen Wald ein bisschen Geld übrig bleibt. Mit dem Überschuss können Hundt und sein Team zum Beispiel vom Borkenkäfer befallene Flächen aufforsten.
Ab wann ist ein Wald ein Wald?
Es gibt keine offizielle Mindestgröße, die aus einer Fläche mit Bäumen einen Wald macht. „Ab 1.000 Quadratmeter aufwärts kann man aber darüber diskutieren“, sagt Fortsamtsleiter Michael Hundt. Wichtiger als die Größe ist, welche Form das Areal hat. Eine drei Kilometer lange und fünf Meter breite Fläche ist zum Beispiel kein Wald, denn dort kann kein waldtypisches Binnenklima (hohe Luftfeuchtigkeit und die etwas kühlere Temperatur) entstehen. Idealerweise sollte ein Wald in einer Kreisfläche gepflanzt werden, sagt der Experte.
Unkraut soll bewusst wachsen
Zwölf Kilometer südwestlich von Ostheim, im Stadtteil Raderthal: Hier wächst seit zwei Jahren ein neuer Wald. Die Fläche ist mit zwei Hektar (20.000 Quadratmetern) noch ein bisschen größer als in Ostheim. Wildkräuter sind hoch gewachsen, manche Bäume haben schon eine Höhe von zwei Metern erreicht. Hundt und sein Team versuchen, so wenig wie möglich ins natürliche Wachstum einzugreifen. Was man früher noch als Unkraut bezeichnet hätte, heißt heute „Begleitflora“ und darf sich hier munter entfalten. Denn Disteln und Co. bieten unter anderem Nahrung und Deckung für Singvögel.
In Raderthal, Ostheim und den anderen aufgeforsteten Gebieten läuft der „Bau“ eines neuen Waldes immer gleich ab. „Zuerst schauen wir: Wie ist der Boden beschaffen? Müssen wir ihn umpflügen und fräsen oder reicht es, wenn wir das Grün oberflächlich abmähen und darauf pflanzen? Das kommt darauf an, welchen Vorbestand wir auf der Fläche hatten“, erklärt Hundt. „Und dann überlegen wir: Wohin pflanzen wir den Waldrand? Können wir mit den Bäumen direkt an den Rand der Fläche gehen?“
Angepasst an den Klimawandel
Meistens biete es sich aber an, an den Außenrändern Sträucher und krautartige Pflanzen („Krautsäume“) anzulegen. „Einmal, weil es besser für die Artenvielfalt ist – viele dieser Sträucher tragen bis in den Winter hinein Früchte, die für Vögel und Kleintiere interessant sind. Außerdem pflanzen wir auch ganz bewusst dornige Sträucher in die Ränder, um die dahinterliegenden Flächen zu beruhigen. Dann können Menschen und vor allem Hunde nicht hindurchlaufen.“
Eine der Hauptfragen, die sich Hundt und sein Team stellen: Welche Baumarten wollen sie auf die Fläche pflanzen? In Raderthal beispielsweise fanden sie einen guten, relativ nährstoffreichen Ackerboden vor. Hier ist die Auswahl groß, anders als bei trockenen, sandigeren Böden. „In den letzten Jahren pflanzen wir aber eigentlich auf alle Böden Bäume, die Hitze und Trockenheit besser ertragen können. Wir haben in Zeiten des Klimawandels gelernt, dass es wichtig ist, mehrere Baumarten zu pflanzen. Denn durch die Artenvielfalt innerhalb der Fläche erhöhen wir die Sicherheit, dass der Bestand erhalten bleibt“, erklärt der Forstamtsleiter.