Auch mit 39 Jahren ist Cristiano Ronaldo noch immer Fixpunkt in Portugals Nationalelf. Zuletzt verstieg sich „CR7“ zu einigen skurrilen Aktionen – auf dem Platz läuft es aber. Oder?

Das war doch genau, was er wollte. Das, was er auch mit 39 Jahren immer noch braucht, geadelt mit fast allen Titeln, die es im Weltfußball zu gewinnen gibt.

Das erste Training der portugiesischen Nationalmannschaft in ihrem EM-Quartier bei Gütersloh vor wenigen Tagen wurde überfrequentiert von Tausenden Fans des Europameisters von 2016 – und klar war auch: Der Großteil war nur aus einem Grund da – Cristiano Ronaldo. Im brechend vollen Heidewaldstadion schaffte es ein junger, von Gefühlen überwältigter Fan sogar auf den Platz, eilte zu „CR7“, der sich bereitwillig umarmen und zu einem Selfie überreden ließ, ehe erbarmungslose Sicherheitskräfte einschritten.

Auf dem Schwarzmarkt wurden dem Vernehmen nach sogar horrende Preise für Karten zur Trainingseinheit der Mannschaft aufgerufen. Mittelfeldspieler Vitinha erklärte auf einer Pressekonferenz danach fast ehrfürchtig: „Cris hat einen großen Einfluss darauf“, und es ist kein Geheimnis, dass Ronaldo selbst diese Aufmerksamkeit genießen wird.

Denn diese Wochen, die am Dienstag mit Portugals EM-Auftakt gegen Tschechien (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) beginnen, sollen zu Festwochen für ihn selbst werden. Jeden Auftritt zelebriert der fünfmalige Weltfußballer mit solcher Verve, als wäre es zugleich sein erster und letzter – wie aber eigentlich auch durch seine gesamte Karriere hindurch. Und man muss kein Fan des Ballkünstlers sein, um ihm zuzugestehen: Er ist noch immer mit Leidenschaft dabei. „Es gibt immer dieses Kribbeln im Bauch, besonders am Tag vor dem Spiel“, sagte Ronaldo selbst vor der Partie. „Ich bin froh, dass ich das spüre, denn wenn es mal weg ist, sollte ich lieber aufhören.“ Bis dahin aber bleibt er die Lichtgestalt der Mannschaft – und darüber hinaus.

Da kam ihm das letzte Testspiel vor dem EM-Start gerade recht: die 50. Spielminute im Aveiro Municipal Stadion gegen Irland. Ein langer Ball auf Ronaldo am rechten Strafraumrand. Mit rechts nahm „CR7“ das Spielgerät kunstvoll an, machte zwei, drei kleine Schritte links in die Mitte, legte sich den Ball auf den linken Fuß, zog ab – und schweißte seinen Schuss ins linke obere Eck. Unhaltbar für den irischen Torwart Caoimhín Kelleher. Das 2:0 für die Selecão. Daraufhin stürmte Ronaldo in altbekannter Manier zur Eckfahne und vollführte seinen berühmt-berüchtigten, eingesprungenen Jubel. Zu dem er nur zehn Minuten später erneut Gelegenheit hatte: Diogo Jota zog in den irischen Sechzehner, konnte unbedrängt quer auf Ronaldo spielen, der kam am Elfmeterpunkt an den Ball und vollendete trocken ins kurze Eck zum 3:0-Endstand.

Als hätte er allen zeigen wollen: „Seht her, ich kann es noch.“ Nach der Partie gab sich die legendäre Nummer sieben dann ganz staatsmännisch: „Es gibt nichts Besseres, als für die portugiesische Nationalmannschaft zu spielen“, sagte Ronaldo. „Die Portugiesen erwarten viel, es gibt überhaupt keinen Spielraum für Fehler. Sie wollen immer, dass Portugal gewinnt, wegen der Generation, wegen des Talents, das vorhanden ist.“

Dass er damit vorrangig sich selbst gemeint haben wird, ist kein Geheimnis. Denn im Vorfeld des Turniers kamen Fragen auf, ob der Fast-Vierziger tatsächlich noch langfristig das Format für die Startelf der Portugiesen habe. An Schnelligkeit hat Ronaldo mittlerweile qua Alter eingebüßt, zieht nicht mehr wie in besten Zeiten leichtfüßig an Gegenspieler um Gegenspieler vorbei, erwartet aber dennoch wie in besten Zeiten stets den Ball, auch von hochkarätigen Teamkollegen wie Bruno Fernandes, was das Spiel der Mannschaft auch zu lähmen vermag.

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