Nur knapp fünf Prozent der Mitarbeiter von Hannovers Müllabfuhr sind weiblich. Wie ist das, dort als eine von wenigen Frauen zu arbeiten?

Müllmann bei der Müllabfuhr war lange ein Job nur für Männer. Bis Hannovers Abfallwirtschaftsbetrieb Aha 2019 seine ersten vier sogenannten Müllwerkerinnen einstellte. Seitdem hat sich einiges getan – doch überraschte Blicke erntet Yvonne Pedd dennoch manchmal, wenn sie in ihrer orangefarbenen Arbeitskleidung Mülltonnen leert. Die 46-Jährige ist eine von mittlerweile 39 Frauen in der Müllabfuhr. Im Interview verrät sie, was sie an ihrer Arbeit so gerne mag und welchen Vorurteilen sie begegnet.

t-online: Frau Pedd, würden Sie sagen, dass Sie verwöhnt sind?

Yvonne Pedd: Wie meinen Sie das?

Vor einigen Jahren hat der damalige Chef Ihrer Abteilung gesagt, er brauche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nicht verwöhnt sind.

Dann bin ich nicht verwöhnt. Ich kann richtig zupacken. Ich bin mir nicht zu schade, dreckig zu werden. Für die Damen, die wirklich nur auf ihr Äußeres achten, ist das sicher der falsche Beruf. Man muss schon mit Müll und Dreck umgehen können. Gerade wenn man Restmüll fährt, so wie ich es tue. Bei Papier ist das ein bisschen anders, da stinkt der Müll nicht.

Wenden Sie irgendwelche Tricks an, sodass sie den Müll nicht so riechen müssen?

Das ist nicht nötig, ich komme auch so gut damit klar – wenn jetzt mal eine Tonne wirklich stinkt, dann ist das halt eine Minute lang so. Dann fahren wir schon weiter und es ist wieder weg. Wir arbeiten schließlich an der frischen Luft, da fällt der Geruch kaum auf.

Wie reagieren Bekannte, wenn Sie erzählen, was Sie beruflich machen?

Sie finden das gut. Ich habe bis jetzt nur positives Feedback bekommen. Manche sind im ersten Moment aber überrascht. Und natürlich werde ich auch gefragt: Ist das nicht zu schwer als Frau? Da kann ich nur sagen: Natürlich ist es körperliche Arbeit und dementsprechend anstrengend. Aber dadurch, dass wir zu zweit auf dem Müllwagen sind und alles zu zweit machen, ist es recht einfach.

Trotzdem gilt der Beruf immer noch als Männerdomäne. Welche Vorurteile begegnen Ihnen dadurch?

Ganz früher hieß es, wir Frauen könnten das nicht durchhalten und würden das maximal ein halbes Jahr machen. Schließlich ist es eine körperliche Anstrengung. Aber im Endeffekt haben wir Frauen bewiesen, dass wir dem Job gewachsen sind.

Yvonne Pedd (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa-bilder)

Yvonne Pedd ist 46 Jahre alt und wohnt in Hannover. Sie arbeitet seit zweieinhalb Jahren als Müllwerkerin beim Aha – Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover. Auf ihrer festen Tour leert sie Müllcontainer in Langenhagen.

Mussten Sie sich dennoch am Anfang erst einmal gegenüber Ihren Kollegen behaupten?

Ein bisschen ja. Das ist normal. Aber ich habe sofort gesehen, was ich machen muss – und habe es gemacht. So konnte ich zeigen, dass ich anpacken kann. Zudem bin ich ein sehr offener Mensch und immer fröhlich. Das kam ebenfalls gut bei den Kollegen an.

Haben Sie trotzdem anfangs ab und zu einen blöden Spruch bekommen?

Ja, natürlich. Man muss in diesem Beruf schon wortgewandt den Männern gegenüber sein. Ganz klar.

Wie reagieren die Bürger auf sie?

Manchmal begegne ich Frauen, die ganz verdutzt gucken. Und etwas in die Richtung sagen „Wow, Frauenpower, super!“ Das ist schon schön, das geht runter wie Öl.



Man muss in diesem Beruf schon wortgewandt den Männern gegenüber sein.


Müllwerkerin Yvonne Pedd


Gibt es in Ihrem Beruf auch Dinge, die Frauen sogar besser können als die männlichen Kollegen?

Wir sind vielleicht ein bisschen vorsichtiger im Umgang mit den Behältern und auf dem Wagen, sind der ruhigere Pol. Und das Absichern beim Absteigen vom Wagen mache ich vermutlich noch ein bisschen intensiver als jemand, der das schon seit 30 Jahren macht.

Auf ihren regelmäßigen Touren sind Sie hauptsächlich mit Männern unterwegs. Nur ab und zu springen Frauen ein. Ist das Arbeiten dann anders?

Eigentlich nicht. Wir Frauen quatschen allerdings ein bisschen mehr über andere Sachen. Das ist eine willkommene Abwechslung, wenn man mal ein Frauenauto hat, also hinten zwei Frauen mitfahren.

Müllabfuhr in der Innenstadt von Hannover (Quelle: Olaf Döring/imago-images-bilder)

Aha beschäftigt aktuell 39 Frauen bei der Müllabfuhr. Davon sind 35 Abfallwerkerinnen und vier Kraftfahrerinnen. Insgesamt hat die Müllabfuhr 820 Mitarbeiter. Frauen bewerben sich für den Job mittlerweile „wie selbstverständlich“, heißt es aus dem Unternehmen. Ein bestimmter Schulabschluss wird für die Einstellung als Müllwerkerin nicht vorausgesetzt. Führerschein Klasse C ist hilfreich, aber kein Muss.

Wie würden Sie Ihre Arbeit beschreiben?

Als actionreich – denn jeder Tag ist anders. Die Tour ist zwar jede Woche die gleiche, aber jeder Tag unterscheidet sich durch die ganzen Menschen, die ringsherum sind. Die Situationen sind immer unterschiedlich. Dadurch ist es nicht eintönig. Klar, manchmal meckern die Leute auch; aber manchmal geben sie positives Feedback.

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