Für die deutsche Wirtschaft gibt es endlich einmal gute Nachrichten: Die Prognosen großer Institute sagen Wachstum voraus. Auf diesen Aussichten dürfen sich Unternehmen und Politik aber auf keinen Fall ausruhen.
Es geht wieder bergauf: Nach zwei Rezessionsjahren rechnen Top-Ökonomen mit Wachstum in der deutschen Wirtschaft. Gleich mehrere führende Forschungsinstitute haben am Donnerstag ihre Konjunkturprognosen erhöht und gehen nun von 0,3 bis 0,4 Prozent Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für dieses Jahr aus. Mehr dazu lesen Sie hier. Die neu gewonnene Hoffnung speist sich aus dem unerwartet starken ersten Quartal 2024, in dem die deutsche Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent zulegte.
Doch sich jetzt nur zu freuen oder gar auf diesen Aussichten auszuruhen, wäre fahrlässig und zu früh. Denn es gibt noch eine Reihe von Faktoren, die die Wirtschaft ausbremsen könnten. Allen voran: US-Präsident Donald Trump.
Da ist zunächst seine erratische Zollpolitik. Niemand weiß, ob und wann Trump Zölle verhängt. Oder in welcher Höhe. Oder gegen welche Länder. Dadurch befinden sich die internationalen Märkte ohnehin in einer Haltung der Unsicherheit und Instabilität.
Experten sind sich einig: Schon ein pauschaler Zoll in Höhe von zehn Prozent wird sich noch negativ auf die US-Wirtschaft auswirken. Schon jetzt schlägt er sich vor allem in einer gewissen Kaufzurückhaltung in der US-Bevölkerung nieder, doch im Laufe des Jahres könnte auch die Inflation wieder spürbar anziehen.
Für die deutsche Wirtschaft ist die Zollunsicherheit gleich in mehrfacher Hinsicht ein Problem. Zum einen erklärt sich das gute erste Quartal vor allem aus vorgezogenen Lieferungen, bevor die ersten Zölle umgesetzt wurden. Das dürfte jetzt abflachen. Darüber hinaus sind hohe Zölle vor allem für die deutsche Kernindustrie, die Automobil- und Zulieferbranche, eine große Herausforderung. Sie wären wegen komplizierter Lieferketten und einer hohen Nachfrage nach Stahl gleich mehrfach betroffen.
Noch ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die deutsche Wirtschaft kommt aus Übersee: Trumps „Big Beautiful Bill“ hat schon einen heftigen öffentlichen Streit mit Tech-Milliardär und Ex-Berater Elon Musk ausgelöst. Doch auch aus deutscher Sicht sind die Pläne, Unternehmenssteuern in den USA zu senken, während das Staatsdefizit dort schwindelerregende Höhen erreicht, eine Gefahr. Denn die USA riskieren damit eine weitere Herabstufung ihrer Bonität, was wiederum am Wert der Staatsanleihen rütteln und damit einen wichtigen Stabilitätspfeiler der Kapitalmärkte ansägen würde. Zum Vergleich: Die Staatsverschuldung der USA betrug zuletzt rund 122 Prozent, in Deutschland waren es 63 Prozent.
Bleiben noch die Versprechen der neuen Bundesregierung – auch das ist ein möglicher Fallstrick. Nach Einschätzung der Industriestaaten-Organisation OECD wird sie die Wirtschaftsflaute der vergangenen Jahre nur mit starken Reformen beenden können.
Wenn sich die Prognosen erfüllen sollen, braucht es also schnell mehr: mehr diverse Lieferketten, mehr Binnenmarkt in der EU, mehr Handelsabkommen, mehr tatsächlichen Bürokratieabbau. Nur so können künftige Unsicherheiten aus den USA abgefedert werden, und Deutschland kann tatsächlich auf einen stabilen Wachstumskurs zurückkehren.