Auch auf die gesetzliche Rente kann Einkommensteuer fällig werden. Doch die Höhe unterscheidet sich zwischen Ost- und West-Rentnern. Wie kann das sein?

Bei Arbeitnehmern ist es so: Wer genauso viel verdient wie die Kollegin, dessen Lohn wird auch mit dem gleichen Steuersatz belegt – vorausgesetzt, er ist in der gleichen Steuerklasse und hat exakt die gleichen absetzbaren Ausgaben. Bei den meisten Rentnern ist das nicht automatisch der Fall. Bei ihnen entscheidet mitunter auch der Wohnort.

Rentner, die vor 2023 in Rente gegangen sind, zahlen im Osten höhere Steuern auf ihre Altersbezüge als im Westen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Sören Pellmann hervor. Demnach zahlt ein Ruheständler, der 2010 in Rente gegangen ist und die aktuell errechnete sogenannte Standardrente von 20.768 Euro im Jahr bezieht, im Osten darauf 241 Euro Einkommensteuer, im Westen hingegen nur 132 Euro.

Bei einem späteren Rentenbeginn ist der Unterschied geringer: Ostdeutsche, die 2020 in Rente gegangen sind, zahlen jährlich 542 Euro Steuern auf die Standardrente, Westdeutsche 524 Euro. Unter Standardrente, auch Durchschnittsrente oder Eckrente genannt, versteht der Gesetzgeber die Rente eines Bürgers, der 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt und dabei jedes Jahr exakt so viel verdient hat wie der Durchschnitt aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Es handelt sich also um einen rein statistischen Wert. Ab Juli 2024 liegt die Standardrente bei 21.233 Euro.

Um zu verstehen, woher dieser Unterschied in der Höhe der Rentensteuer zwischen Ost und West kommt, muss man etwas ausholen. Bereits seit 2005 wird bei der gesetzlichen Rente schrittweise auf eine sogenannte nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Nachgelagert bedeutet, dass erst im Ruhestand Einkommensteuer anfällt, während Sie die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung während des Erwerbslebens von der Steuer absetzen können. Abgeschlossen ist diese Umstellung aber erst im Jahr 2058. Bis dahin wird nur ein Teil der Rente besteuert, ein anderer Teil bleibt steuerfrei (Rentenfreibetrag).

Wie groß welcher Teil ist, richtet sich nach dem Jahr Ihres Rentenbeginns. Je später Sie in Rente gehen, desto mehr Rente wird steuerpflichtig und desto geringer ist Ihr Rentenfreibetrag. Wer etwa 2005 in Rente ging, bei dem gelten 50 Prozent seiner Rente als steuerpflichtiges Einkommen, die anderen 50 Prozent sind steuerfrei. Bei einem Renteneintritt 2020 lag das Verhältnis bereits bei 80 zu 20. Ab Renteneintritt 2058 soll die Rente grundsätzlich zu 100 Prozent versteuert werden.

Und jetzt kommt die Krux: Der Rentenfreibetrag wird einmal festgesetzt und ändert sich nicht mehr. Bei einem Rentenbeginn 2020 und einer Rente von beispielsweise 24.000 Euro im Jahr blieben also 4.800 Euro steuerfrei (20 Prozent von 24.000 Euro) – und das jedes Jahr aufs Neue bis zum Lebensende. Nur: In der Regel erhalten Rentner jedes Jahr zum 1. Juli eine Rentenerhöhung. Ihre Rente steigt also, ohne dass Ihr Rentenfreibetrag mitsteigt. Oder anders gesagt: Jede Erhöhung ist bereits jetzt zu 100 Prozent steuerpflichtig. Das führt dazu, dass Sie von Jahr zu Jahr mehr Steuern auf die Rente zahlen müssen – oder überhaupt erst steuerpflichtig werden (mehr dazu hier).

Um die Rentenangleichung zu erreichen, gab es bis 2023 im Osten höhere jährliche Rentensteigerungen als im Westen. So erhöhten sich die Renten im Osten zum 1. Juli 2023 noch um 5,86 Prozent und im Westen um 4,39 Prozent. Damit setzt sich die Standardrente dort zu einem größeren Teil aus voll steuerpflichtigen Bezügen zusammen.

Zum 1. Juli 2024 fällt die Rentenanpassung erstmals bundesweit einheitlich aus (4,72 Prozent). Damit erledigt sich dann die unterschiedlich hohe Belastung bei der Einkommensteuer – zumindest für alle, die erst ab 2023 in Rente gegangen sind oder noch gehen werden.

Share.
Exit mobile version