Zum 20-jährigen Jubiläum spendiert RTL dem Dschungelcamp eine Legenden-Version. Seit einer Woche läuft das Format im TV – und eine Kandidatin ist der klare Star.
Wieder sitzt Giulia Siegel am Lagerfeuer inmitten eines Urwalds. Wieder ist sie umringt von mehr oder weniger bekannter Prominenz von Mola Adebisi bis Kader Loth. Zum zweiten Mal bestimmen Diskussionen um Nachtwache, Prüfungen und Regelverstöße ihren Buschalltag. Die DJane kennt das schon, denn es ist nicht ihr erster Dschungelcamp-Aufenthalt. 2009 nahm sie bereits teil. Es reichte damals für den fünften Platz, doch beim Streiten war sie ganz vorn mit dabei. Jetzt kehrt die 49-Jährige als Legende zu dem Format zurück – und trotzdem sitzt sie da mit einem Blick, der gelangweilter nicht sein könnte.
Dieser teilnahmslose Ausdruck von Giulia Siegel legt den Verdacht nahe, dass es in der Jubiläumsausgabe von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ genauso öde zugeht wie in den letzten Staffeln. Denn selbst der leidenschaftlichste Reality-TV-Fan muss zugeben, dass das RTL-Format im Laufe der vergangenen 20 Jahre an Reiz verloren hat. Das immer gleiche Sendeschema, immer blassere Kandidaten, immer flachere Witze der Moderatoren. Eine Sommerausgabe in völlig neuem Gewand sollte die Kehrtwende bringen. Und tatsächlich ist mal wieder was los im Dschungel – Giulia Siegel sei Dank.
Was auf den ersten Blick wie Langeweile aussieht, ist schlichtweg Gleichgültigkeit. Giulia Siegel hat gar keine Lust, sich mit den Ideen, Meinungen und Emotionen ihrer Mitcamper zu beschäftigen. Diese Einstellung und die daraus resultierenden Folgen bringen RTL so viel Material, dass es in der ersten Hälfte der Staffel nahezu nur um die Tochter von Ralph Siegel ging.
Okay, das stimmt nicht ganz. In den ersten zwei Folgen sorgte der ehemalige „Köln 50667“-Darsteller David Ortega mit seinem „Ihr seid eine Schande“-Ausbruch für Zunder. Das Resultat: Die anderen Kandidaten wählten ihn bei der nächstbesten Gelegenheit aus der Show. Denn bei „Ich bin ein Star – Showdown der Dschungel-Legenden“ entscheiden nicht die Zuschauer, wer aus dem Urwald fliegt, sondern die Camper. Doch wer bangte, ohne den bärtigen Poltergeist könnte es am Lagerfeuer harmonisch werden, irrte gewaltig.
Bei Giulia Siegel löste Ortegas Ausbruch etwas aus. Ihr kamen infolge seiner Tirade zunächst die Tränen. Doch war das echte Empörung oder eher Verzweiflung, dass der 39-Jährige ihr gerade die Sendezeit stahl? Eins war gewiss: Das sollte der Münchnerin kein zweites Mal passieren. Fortan übernahm sie die Show – volle Kraft voraus!
Mit beispielloser Kaltschnäuzigkeit und ständigem Regelbruch erhitzte Giulia Siegel die Gemüter ihrer Mitcamper. Doch was hörte die TV-Bekanntheit da? Regelbruch? Also bitte! Regelbruch ist was für den Pöbel, eine Siegel ist zu Höherem bestimmt. Das Model hatte sich vorab eine clevere Strategie zurechtgelegt. Schließlich hatten zuletzt mit Kandidaten wie Lucy Diakovska, Menderes Bağcı und Co. immer wieder Kandidaten gewonnen, die gute Stimmung in der Gruppe hervorriefen. Und wie lassen sich die Seelen der hungrigen Dschungelcamper besser streicheln als mit schmackhaftem Essen?
Also riss sich Giulia Siegel mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein die Rolle der Chefköchin unter den Nagel – und bewies Talent am Holzlöffel. Dass Reis, Bohnen und Straußenflügel plötzlich mit pikanten Aromen die Gaumen umschmeichelten, hatte einen Grund: Das Model hatte Gewürze ins Camp geschmuggelt. Für die Übeltäterin kein Regelbruch, sondern ein Handeln im Sinne des Gruppenwohls.
Die anderen Stars sahen das anders. Siegel ließ sich jedoch nicht auf Diskussionen ein – aus einem simplen Grund: „Ich werde Menschen, die schwächer sind, ob rhetorisch oder intellektuell, nicht in eine Diskussion oder Argumentation verwickeln und sie plattmachen. Weil das gehört sich nicht“, ließ sie im Dschungeltelefon Gnade walten. Ein wahrer Segen für die Zuschauer: Immerhin eine Vertreterin dieser schlichten Buschtruppe bewahrte ein Fünkchen Anstand.