Auf dem weltweit größten Volksfest kommt es immer wieder zu Gewalt. Die Vorwürfe gegen das Sicherheitspersonal häufen sich. Ein t-online-Reporter erlebte einen Fall hautnah.
Einer Schwangeren in den Bauch getreten, einem Mann das Bein gebrochen oder einen Besucher in einer dunklen Ecke verprügelt: Zum Ende der Wiesn häufen sich die Vorwürfe gegen das Sicherheitspersonal auf dem Oktoberfest. Ein Fall ereignete sich direkt vor den Augen eines t-online-Reporters. Mehr zu den anderen Fällen lesen Sie hier und hier.
Ein Sicherheitsmann trat dabei zwei betrunkenen, aber friedlichen Gästen in den Rücken und nahm kurz darauf eine Person in einen Unterarmwürgegriff. Der Vorfall ereignete sich am vorletzten Wiesn-Freitag (27. September) an einem der großen Festzelte.
Das Bierzelt begann sich langsam zu leeren, zwei offenbar betrunkene Männer torkelten in Richtung des Ausgangs, dem Sicherheitsmann an der Tür waren die beiden jedoch zu langsam. Er öffnete die Tür und trat den beiden ohne Vorwarnung in den Rücken, sodass die beiden aus dem Zelt stolperten. Und das, obwohl durch die beiden Betrunkenen zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beeinträchtigung für Dritte entstand.
Ein Mann namens Lennard Müller*, der das Ganze beobachtete, fragte den Ordner, ob er seine letzten Schlücke Bier noch an einem der leeren Biertische austrinken könne, um nicht im Weg zu stehen. Der Sicherheitsmann der Firma Security Event Management Support reagierte aggressiv auf die Frage, packte den Mann am Arm. Er schrie: „Raus!“ Dann begann er, ihn durch die Tür zu zerren.
Der Mann monierte, dass er immerhin viel Geld für das Bier gezahlt habe und fragte, warum der Mann grundlos so aggressiv sei. „Ist mir scheißegal, raus“, lautete die Antwort. Herr Müller stellte daraufhin sein Glas auf einem Tisch ab und sagte, dass er Journalist sei und sich vorbehalte, über den Vorfall zu berichten. Zudem werde er den Ordner fotografieren, um ihn wegen der Tritte gegen die anderen Gäste anzuzeigen. Er sagte: „Man tritt nicht jemandem in den Rücken und kommt damit davon.“ Anschließend warf ihn der Ordner aus dem Zelt.
Draußen, vor der geschlossenen Zelttür, zückte Müller dann wie angekündigt sein Handy und fotografierte den Sicherheitsmann. Dieser stürzte sich daraufhin auf den Besucher, entriss ihm das Handy und nahm in einen Unterarmwürgegriff. Die Technik findet auch in verschiedenen Bereichen des Kampfsports Anwendung, wie Ju-Jutsu oder MMA. In den USA wird die Technik auch von der Polizei angewendet, wobei es pro Jahr zu mehreren Todesfällen kommt, wie es auf einer Kampfsportwebseite heißt.
In diesem Würgegriff zog er Müller zurück ins Zelt. Dieser wehrte sich nicht, streckte die Hände mit offenen Handflächen von sich und redete augenscheinlich ruhig auf den Sicherheitsmann ein. Ein daneben stehender t-online-Reporter fragte daraufhin, was das gewaltsame Vorgehen solle. Eine Antwort bekam er nicht, dafür verwehrten ihm weitere Ordner den Zutritt zum Zelt. Der Reporter beobachtete die Szene daraufhin durch die Fenster des Biergartens, konnte aber nicht hören, was drinnen gesprochen wurde.
Drinnen hing der Mann weiter im Würgegriff des Ordners. Erst als ein Vorgesetzter des Schützenzelts hinzukam, bei dem es sich dem Anschein nach um den Pressebeauftragten handelte, ließ der Ordner Müller auf dessen Anweisung aus dem Würgegriff. Später gab er, erneut erst nach Anweisung seines Vorgesetzten, dem Wiesngänger sein Handy zurück.
Als Müller wieder herauskam, sagte er zu t-online, der Ordner habe ihn gedrängt, das Foto zu löschen, das er von diesem gemacht hatte. Der Gast gab an, der Forderung nachgekommen zu sein, um angesichts der körperlichen Bedrohung nicht erneut angegriffen zu werden.
Im Gespräch soll der Pressesprecher sich für das Verhalten entschuldigt haben, allerdings erst, nachdem der Besucher mit einer Anzeige gedroht habe. Weiter soll der Sprecher gesagt haben, es sei ganz normal, dass ein Mitarbeiter mal über die Stränge schlage, berichtete der Betroffene.