Am 25. November ist „Orange Day“ gegen Gewalt an Frauen. „Gaslighting“ ist eine Form von emotionaler Gewalt und psychologischer Manipulation. Woran erkennt man sie und wie gefährlich kann sie werden?

Es handelt sich um eine besondere Form von Gewalt. Sie ist subtil, nicht leicht zu durchschauen und sie findet vor allem verbal statt. Sätze, die in anderem Zusammenhang harmlos wirken, können zur Gefahr werden: „Du übertreibst. Du bist viel zu emotional. Das bildest du dir nur ein. Das habe ich so nie gesagt, das legst du mir in den Mund. Hörst du mir nicht zu?“ Es geht um „Gaslighting“.

Die aus dem Englischen stammende Redensart „to gaslight somebody“ bedeutet, jemanden durch psychologische Manipulation in den Wahnsinn zu treiben. Betroffen sind häufig Frauen, die in Paarbeziehungen von ihrem Partner manipuliert, kontrolliert und dominiert werden.

Die Herkunft des Begriffs soll auf Patrick Hamiltons Thriller „Gas Light“ (zu deutsch: „Gaslicht“) zurückgeführt werden. Darin treibt es ein Mann mit seinen Lügen über die Installation von Gaslampen so weit, dass eine Frau glaubt, den Verstand verloren zu haben. Und auch der Bestsellerroman von Paula Hawkins „Girl On The Train“ (zu deutsch: „Mädchen im Zug“) verarbeitet diese Form psychologischer Manipulation und zeigt ihre Gefahren auf: Der Ex-Mann von Protagonistin Rachel redet über Jahre hinweg auf sie ein, sie sei verrückt und alkoholkrank – bis sie sich selbst aufgibt, weil sie ihm glaubt.

So offensichtlich wie emotionale Gewalt in Büchern und Filmen dargestellt wird, ist sie im Alltag eher selten. Trotzdem gibt es Anzeichen, an denen man manipulatives Verhalten erkennen kann. Gaslighting kann etwa als Symptom einer mentalen Erkrankung auftreten, beispielsweise bei Narzissmus oder einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Darüber hinaus hat der US-amerikanische Autor Preston Ni, der sich mit Beziehungen und Kommunikation befasst, in seinem Buch „How to Successfully Handle Gaslighters and Stop Psychological Bullying“ (zu deutsch: „Wie man erfolgreich mit Gaslightern umgeht und psychologische Schikane stoppt“) sieben Anzeichen ausgearbeitet, die darauf hinweisen, dass jemand Gaslighting betreibt:

  • Lügen und Unwahrheiten
  • Wiederholte Schuldzuweisungen
  • Schnelle Eskalation
  • Andauernde Manipulation
  • Emotionale Abhängigkeit
  • Falsche Positivität
  • Dominanz und Kontrolle

Menschen, die Gaslighting betreiben, verbreiten Lügen über ihre Opfer, vor allem dann, wenn diese anwesend und zusammen mit anderen im Raum sind. So entsteht der Eindruck, die Opfer seien unaufrichtig und würden Infos über ihre Person bewusst falsch angeben. Zudem wiederholen Täter ihre unwahren Aussagen so oft, bis ihr Gegenüber an der Richtigkeit der eigenen Position zweifelt.

Auch wenn sich Menschen, die Gaslighting anwenden, bewusst oder unbewusst im Klaren darüber sind, dass sie einen Fehler gemacht haben, reagieren sie emotional oder provozieren und lenken die Schuld auf das Gegenüber. Die Situation eskaliert folglich schnell.

In Liebesbeziehungen kommt Gaslighting als Form psychischer Gewalt oft in Form von sogenanntem „Love Bombing“ vor. Das heißt Partnerinnen oder Partner werden zuerst mit Liebe überschüttet und dann mit Liebesentzug abgestraft. Spätere Schuldzuweisungen nehmen sie in Kauf, weil sie durch den Wechsel von positiven und negativen Gefühlen in eine emotionale Abhängigkeit geraten sind. Häufig wird hier auch von einer „toxischen Beziehung“ gesprochen.

Aber auch fernab von Liebesverhältnissen wird Gaslighting angewendet, beispielsweise am Arbeitsplatz. Opfern werden hier häufig negative Verhaltensweisen oder Fehler eingeredet, um die eigene Machtposition zu stärken und Kontrolle auszuüben – indem der Gaslighter „Hilfe“ leistet, vorgibt für den Verursacher da zu sein und den vermeintlichen Fehler behebt.

Das führt dazu, dass die kontrollierte Person nicht nur emotional abhängig wird durch ein vorgespieltes Gefühl von Fürsorge und falscher Positivität durch Sätze wie „Alles wird wieder gut, ich bin da und helfe dir.“ Sondern sie wird auch verunsichert und verängstigt. Menschen, die Gaslighting erfahren, nehmen den Manipulator zudem meist in Schutz, wenn Freunde oder Bekannte sie mit dessen Fehlverhalten konfrontieren. Die soziale Isolation kann dann eine Folge sein.

Hilfetelefon (Quelle: Ingo Otto via imago-images.de)

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist erreichbar unter 08000-116016. Das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ unter der 0800-1239900. Der Weiße Ring e.V. hat ein Opfer-Telefon, Online-Angebote und persönliche Beratungsinfos, die Sie unter: weisser-ring.de finden.

Das Selbstvertrauen wiederfinden, ist der wichtigste Schritt aus der emotionalen Abhängigkeit. Betroffene dürfen darauf vertrauen, was sie selbst wahrnehmen. Niemand anderes kann darüber bestimmen, wie sie sich zu fühlen haben. Zudem hilft es, mit Freunden und Bekannten darüber zu sprechen und einen Blick von außen einzuholen, wenn Zweifel an der Richtigkeit von Aussagen und Verhaltensweisen des Gaslighters im Gegensatz zur eigenen Wahrnehmung bestehen. Ein bestärkendes soziales Umfeld oder eine Therapeutin können wichtige Stützen sein, um sich aus dem manipulativen Verhältnis zu lösen.

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