Bei der Schweizer Firma Jean Singer & Cie werden Klopausen nicht zur Arbeitszeit gerechnet. Ein Gericht gab dem Unternehmen jetzt recht.

Bei der Schweizer Uhrenfirma Jean Singer & Cie wird genau auf die Uhren geschaut – allerdings nicht nur auf solche, die hier hergestellt und verkauft werden. Die Unternehmensleitung will auch ganz genau wissen, wann Mitarbeiter aufs Klo gehen und wie lange sie dort bleiben. Für den Gang aufs stille Örtchen müssen die Angestellten nämlich ausstempeln. Die Zeit gilt dann als Pause und nicht als Arbeitszeit. Das bestätigte jetzt auch ein Gericht, wie mehrere Medien berichten.

Zutage kam die Regel nach einem Bericht der „Bild“ bereits 2021, als die Coronamaßnahmen von den Schweizer Behörden überprüft wurden. Dabei sei festgestellt worden, dass die Klopausen penibel notiert werden, so der Bericht. Das Büro für Beziehungen und Arbeitsbedingungen im Kanton Neuenburg habe darin einen Grund zur Beanstandung gesehen und sei vor Gericht gezogen.

Das Unternehmen soll laut „Bild“ argumentiert haben, dass es eine Gleichberechtigung der Mitarbeiter anstrebe und keinen Unterschied machen will, was in der Pause gemacht wird. Dem habe sich laut Bericht das Gericht angeschlossen. Mitarbeiter befürchten nun, dass Angestellte zu wenig trinken, um häufige Klogänge zu vermeiden. In den Schweizer Vorschriften ist offenbar nicht geregelt, welche Art von Pausen in die Arbeitszeit fallen.

Gegenüber der „Bild“ sagte die Arbeitsrechtlerin Nicole Mutschke, dass eine solche Regelung in Deutschland eher undenkbar wäre. Ein Gang zur Toilette sei Teil des Arbeitnehmerschutzes. Dabei werde zwar die Arbeit unterbrochen, aber es handele sich um ein „dringendes Bedürfnis“, das nur begrenzt kontrolliert werden könne. Außerdem habe der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht und müsse Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer treffen. In bisherigen Urteilen seien bis zu 30 Minuten Zeit auf der Toilette pro Tag als angemessen angesehen worden, so Mutschke gegenüber der „Bild“.

Die Kanzlei Hasselbach sieht das ähnlich: „Für den Toilettengang gilt: Er ist – ähnlich wie das Trinken oder eine kurze Entspannungsübung von der Bildschirmarbeit – nur eine kurze Unterbrechung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit und somit keine Arbeitszeitpause“, heißt es auf der Webseite der Rechtsanwälte. Die Länge ist dabei nicht gesetzlich festgelegt.

Ganz ausgeschlossen ist eine Überwachung der Zeit, die auf der Toilette verbracht wird, aber nicht. „Auch in Deutschland ist eine Überwachung per se nicht absolut ausgeschlossen. Schließlich muss der Arbeitgeber, wie bereits erläutert, seinen Missbrauchsverdacht auch substantiiert begründen können“, so die Anwälte.

In den USA machte eine Firma Schlagzeilen, die Mitarbeitern einen Bonus versprach, wenn sie seltener aufs Klo gehen. Wer nur einmal am Tag aufs Örtchen geht, bekam von Wasserhahnhersteller Water Saver einen Dollar, wie der „Spiegel“ berichtete. Nach Angaben des Unternehmens seien in einem Monat 120 Arbeitsstunden auf dem Klo verbracht worden. Deshalb habe man nur noch mit seiner Zugangskarte die Möglichkeit, die Tür zur Toilette zu öffnen.

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