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In Leipzig geht es um die Frage, ob das Magazin „Compact“ verboten wird. Um das zu verhindern, verteidigt sich Verleger Jürgen Elsässer damit, dass die heftigsten Formulierungen oft nur PR für Leser und Spender seien.

„Heute ist ein Feiertag“, sagt Jürgen Elsässer. Der Verleger und Chefredakteur des rechtsextremen „Compact“-Magazins sitzt am Dienstag im prächtigen Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts vor der Bank der Richter, die über das „Compact“-Verbot zu entscheiden haben. „Heute feiere ich den zweiten Hochzeitstag mit meiner Frau.“ Stephanie Elsässer bekommt ein Küsschen.

Die Szene in Leipzig kurz vor Beginn der Verhandlung könnte Teil einer Strategie sein: Der 68-Jährige will sich harmlos zeigen, um die „Todesstrafe“ abzuwenden. Die „Todesstrafe“ bedeutet ihm zufolge nämlich für „Compact“ das, was das Bundesinnenministerium (BMI) nach „einseitigen Ermittlungen“ beantragt hat: eine Verbotsverfügung. Die 243 Seiten als Ergebnis der „Ermittlungen“ hatte Elsässer am 16. Juli 2024 morgens um 6 Uhr überreicht bekommen, da war er noch im Morgenmantel. Die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser ging wenig später an die Öffentlichkeit: „Ich habe heute das rechtsextremistische ‚Compact‘-Magazin verboten.“

Seit Dienstag geht es am Bundesverwaltungsgericht darum, ob das Verbot mit seinen Argumenten Bestand hat. „Compact“ lehne die verfassungsmäßige Ordnung ab und weise eine verfassungsfeindliche Grundhaltung auf, hatte das BMI erklärt. Das Magazin verbreite antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte. Bescheinigt wird eine aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung.

Es ging nach dem ausgesprochenen Verbot zunächst schnell weiter, weil das Bundesverwaltungsgericht den Vollzug im August 2024 vorläufig aussetzte. Auf die Eilentscheidung, die verhindern sollte, dass vorschnell Fakten geschaffen werden, folgt jetzt die gründliche Prüfung. Für den Mittwoch ist angekündigt, dass Walter Roth, Anwalt des Bundesinnenministeriums, beispielhafte Zitate zeigt. Roth sollte auswählen, was er für „Blattschüsse“ hält, also besonders aussagekräftige Zitate. Die „Compact“-Seite erwidert darauf. Roth hat bereits am Dienstag einige Zitate vorgelesen: Von der Regierung werde das eigene Volk bis zur Unkenntlichkeit vermischt, heißt es da, vom „Volkstod“ ist die Rede, von „ausländischen Kindern mit deutschem Pass“. Derartige Formulierungen seien nicht auf eine harmlose Weise zu verstehen.

Aber einseitig ausgewählt seien die Zitate, beklagen die Elsässers. Sie wollen die andere Seite zeigen: Ihr Anwalt spricht von einer 26-seitigen Belegliste zu Passagen, in denen sich „Compact“ von verfassungsfeindlichen, islamfeindlichen oder antisemitischen Äußerungen distanziert habe. „Ich halte nichts von einem ethnischen Volksbegriff“, erklärt Elsässer in der Verhandlung. Und: „Warum sollten wir Muslime nicht integrieren können?“

Unternehmer-Ehepaar: Stephanie und Jürgen Elsässer, neben ihnen Anwalt Ulrich Vosgerau. (Quelle: Lars Wienand)

Und sie behaupten nun, vieles nicht so zu meinen: Sie hätten kein Problem mit Ausländern, viele Aussagen dienten nur dem Verkauf des Heftes. Es sei auch ein „Grundirrtum, ‚Compact‘ und auch mich als rechts oder rechtsextrem einzustufen“, sagt Elsässer. Im Saal grummeln jetzt unter den 200 Zuhörern einige, die den Elsässers beim Eintreffen applaudiert haben. Das Ehepaar sagt einiges, was den vielen ihrer Leser so nicht gefallen dürfte.

Viele Zitate seien „in der Hitze der Jahre 2014, 2015, 2016 gefallen, als das Thema offene Grenzen sehr präsent war“, so Elsässer. Da seien sie nicht einmal beobachtet worden, „erst, als Hans-Georg Maaßen geschasst wurde“. „Knallig“ sei die Sprache, „einige Begriffe schmecken uns auch nicht“, erklärt seine Frau.

Er wiederum versichert: „Was zitiert wurde, ist nicht ‚Compact‘. Das ist vielleicht irgendwo mal geschrieben worden.“ Doch tatsächlich stammen die Zitate aus „Compact“ und aus Compact-TV. Der Vertreter des Bundesinnenministers korrigiert auch noch, der Großteil der Äußerungen sei jüngeren Datums.

Einer der „Compact“-Anwälte liefert aber auch dafür eine Erklärung. Vertreten werden die Elsässers zum einen von Ulrich Vosgerau, der als Teilnehmer beim Geheimtreffen von Rechtsextremen in Potsdam im November 2023 bekannt wurde und von dem sich die Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer distanziert hat. Zum anderen ist Laurens Nothdurft für sie tätig, AfD-Kommunalpolitiker, Bürgermeister von Rosslau und früher in der 2008 verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Nothdurft spricht von der „Angewiesenheit auf polemische Äußerungen in aggressiver Sprache“: Für wirtschaftlichen Erfolg müsse das Medium Aufsehen erregen und sich „scharfer Sprachbilder“ bedienen.

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