Eine deutsche Panzerbrigade ist jetzt dauerhaft in Litauen stationiert, ganz nah an Russland. Kanzler Friedrich Merz macht beim Besuch deutlich, dass er das für überfällig hält.
Deutschland kommt spät, aber immerhin kommt es mal. Es ist Donnerstagvormittag in Vilnius, Litauen. Staatspräsident Gitanas Nauseda steht auf dem Hof seines Präsidentenpalasts, unter ihm ein roter Teppich, hinter ihm eine militärische Ehrenformation. Gewehre und Säbel, Klarinetten und Trompeten.
Nauseda tritt von einem Fuß auf den anderen, dreht sich mal hier, mal dorthin. Minutenlang, bis sein Gast endlich vorgefahren kommt: Friedrich Merz.
Der Bundeskanzler ist gekommen, um die Panzerbrigade 45 der Bundeswehr offiziell in Dienst zu stellen. An der Ostflanke der Nato, wo Putin ganz nah ist. Litauen und andere osteuropäische Staaten warnen seit Jahren vor der Gefahr eines russischen Angriffs. Lange ohne Erfolg. Bis Putin die Ukraine überfallen hat.
Inzwischen sind viele aufgewacht, so sehen sie es hier. Noch sind es etwa 400 deutsche Soldaten, die Merz gemeinsam mit seinem Verteidigungsminister Boris Pistorius am Nachmittag begrüßen wird. Ab 2027 sollen es 5.000 sein, und zwar dauerhaft in Litauen stationiert. Neuland für die Bundeswehr.
Das Zeichen des Kurztrips an die Osteuropäer soll sein: Wir haben verstanden. Wir haben zugehört. Spät, aber immerhin. Noch wichtiger aber ist wohl das Zeichen an Putin. Es lautet: Wir machen Ernst.

Litauen mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern kommt in der Verteidigung gegen Russland eine Schlüsselrolle zu. Das liegt an dem, was Fachleute eine exponierte geostrategische Lage nennen. Litauen liegt gefährlich.
Im Osten grenzt Litauen an Belarus, einen wichtigen Verbündeten Putins, bei dem der Kremlchef Raketen und sogar taktische Atomwaffen stationiert hat. Russland selbst ist mit seinem massiv aufgerüsteten Westlichen Militärbezirk nicht weit. Und die russische Exklave Kaliningrad ist sogar direkter Nachbar im Westen, hier ebenfalls: Raketen, Atomsprengköpfe.
Litauen ist buchstäblich von Feinden umzingelt. Das macht auch die militärischen Nachschubwege im Fall der Fälle anfällig. Die einzige Landverbindung Litauens zum Nato-Partner Polen ist die Suwalki-Lücke. Und diese gemeinsame Grenze ist nur rund 70 Kilometer breit.

Bedeutet: Wenn Putin angreift, dann wahrscheinlich auch hier in Litauen. Und niemand schließt noch aus, dass ein Angriff möglich ist. Nicht nur in der Bundesregierung wird mit Sorge beobachtet, dass Russland sich weit über das Maß hinaus hochrüstet, was für den Krieg gegen die Ukraine nötig ist.
Es braucht also ein deutliches Signal an Putin, dass die Nato es ernst meint mit der Bündnisverteidigung. Dass sie da ist, an der Ostflanke, und zwar dauerhaft. Bislang hat die Nato seit 2017 nur 1.300 Soldaten in Litauen stationiert, in wechselnder Besetzung. Deutschland führt sie gerade an. Es ist natürlich bei Weitem nicht genug, wenn Putin wirklich Ernst macht. Das wissen alle.
Die Nato muss auch Ernst machen, nämlich mit der Bereitschaft und Fähigkeit, sich zu verteidigen – das ist die Idee. Verteidigungsminister Pistorius hat deshalb noch in der Ampelregierung den damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz dazu gebracht, die Panzerbrigade 45 dauerhaft samt Gerät nach Litauen zu verlegen.
400 Soldaten sind es schon jetzt, Ende 2026 sollen es 2.000 sein und 2027 dann 5.000. Eine Herausforderung, allein personell. Deutschland wäre damit der einzige Nato-Partner, der einen so großen Verband dauerhaft an der Nato-Ostflanke stationiert hat. In Berlin dürfte man sich gut vorstellen können, dass andere Nato-Partner nachziehen. Wer ist nicht gerne Vorbild.