Rima Hanano, Co-Geschäftsführerin des Bündnisses, sagt dazu: „Dieses Land hat noch nicht gelernt, Probleme ohne Opferhierarchien zu benennen und zu verstehen, dass es notwendig ist, Rassismus und Antisemitismus ganzheitlich zu betrachten. Wir wissen, dass da, wo Antisemitismus erstarkt, auch antimuslimischer Rassismus erstarkt, und umgekehrt.“
Die politischen und medialen Debatten wirken nämlich nicht im luftleeren Raum. Als Folge dessen wurden allein in den letzten zwölf Monaten in Deutschland mehrere öffentlich dokumentierte Fälle bekannt, in denen Musliminnen und Muslime Opfer von Gewalt oder Übergriffen wurden. Einige prominente Beispiele sind:
Im September 2024 meldeten Medien einen Angriff mit Schwefelsäure in Stralsund: Ein syrischer Mann wurde nach Angaben der Polizei von seinem Nachbarn übergossen und schwer verletzt. Der Täter hatte zuvor mehrfach islamfeindliche Äußerungen gemacht. Der Vorfall wurde als rassistisch motivierter Angriff eingestuft und löste eine bundesweite Debatte über die Zunahme von Hassdelikten aus.
Im Dezember 2024 folgte nach dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt eine Häufung antimuslimischer Drohungen und Übergriffe. Mehrere Moscheen sowie als muslimisch wahrgenommene Einzelpersonen erhielten Drohschreiben. Medien beschrieben dies als Ausdruck einer rassistisch geprägten Fehlwahrnehmung, obwohl der Täter sich später als Atheist mit arabischem Hintergrund herausstellte.
Im Juli 2025 wurde in Hannover eine 26-jährige algerische Krankenschwester in ihrer Wohnung erstochen. Der mutmaßliche Täter, ein 45-jähriger Deutscher, hatte zuvor islamfeindliche Kommentare in sozialen Netzwerken veröffentlicht und Gewaltfantasien gegen Muslime geteilt. Der Vorfall wurde als rassistisch und islamophob motiviert eingestuft und löste in muslimischen Communitys eine Debatte über fehlende Medienberichterstattung und unzureichenden Polizeischutz aus, da der Fall zunächst wenig Aufmerksamkeit erhielt.
Solche Vorfälle verdeutlichen exemplarisch, welche praktischen Folgen politische Narrative und mediale Berichterstattung für Muslime haben. Noch häufiger als akute Gewalt erfahren Musliminnen und Muslime jedoch strukturelle Benachteiligung im Alltag.
Video | Als Merz spricht, verlassen Zuschauer den Saal
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Religiöse Praktiken werden oft nur eingeschränkt oder vorsichtig ausgeübt – im Beruf, im Studium oder im öffentlichen Raum. Viele Muslime lernen früh, wie sie ihr Verhalten anpassen müssen, um Konflikte zu vermeiden.
Die 25-jährige Amina A., Angestellte in einem Frankfurter Versicherungsunternehmen, trägt kein Kopftuch, betet aber regelmäßig und fastet im Ramadan. „Bei der Arbeit muss ich darauf achten, dass ich meine Religion nicht zeige. Manchmal verzichte ich auf Fasten oder Gebet, nur um nicht aufzufallen.“


