Haltungsform bei 1.100 Rindern manipuliert
Fleischskandal bei Viehvermarkter
16.04.2025 – 07:58 UhrLesedauer: 2 Min.
Ein großer deutscher Viehvermarkter steht unter Manipulationsverdacht. Es geht um gefälschte Dokumente, fragwürdige Haltungskennzeichnungen – und Fleisch, das wohl zu Unrecht als hochwertig galt.
Einer der größten deutschen Viehvermarkter steht im Verdacht, die Lieferpapiere von mehr als 1.100 Rindern vor deren Einlieferung in Schlachthöfe manipuliert zu haben. Über Monate hinweg sollen Tiere aus schlechterer Haltung von der genossenschaftlich organisierten Raiffeisen Viehzentrale (RVZ) mit höheren Haltungskennzeichen versehen worden sein. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Demnach landete das Fleisch dieser Tiere anschließend mutmaßlich falsch deklariert im Handel – und wurde somit teurer an den Kunden verkauft als erlaubt. Die Rede ist von mehreren Hundert Tonnen.
Zwischen November 2023 und Januar 2024 überprüften laut Recherche Kontrolleure der QS Qualität und Sicherheit GmbH mehrere Lieferungen an Schlachthöfe. Das Unternehmen ist bundesweit für die Qualitätssicherung in der Fleischwirtschaft zuständig. Dabei stießen die Prüfer auf gravierende Unstimmigkeiten.
In einem internen Rundschreiben, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert, bezeichnet QS-Geschäftsführer Alexander Hinrichs den Fall als „sehr schwerwiegenden Verstoß“ mit erheblicher Tragweite. Besonders brisant: Bei zwei Tiertransporten sollen insgesamt 52 Schlachtbullen mit falschen Ohrmarkennummern versehen worden sein. Zusätzlich wurde laut Bericht sogar die Unterschrift eines Rinderhalters gefälscht.
Bei weiteren 41 Transporten kam es offenbar zu ähnlichen Manipulationen. Laut QS wurden dabei mindestens 1.135 Rinder mit irreführenden Herkunftsangaben an Schlachthöfe geliefert. In allen Fällen war der Eindruck entstanden, die Tiere stammten aus Betrieben mit Haltungsform 3 – das entspricht einer tiergerechteren Stallhaltung mit mehr Platz, Beschäftigungsmaterial und Frischluftkontakt. Tatsächlich kamen die Tiere aber aus Betrieben mit einer niedrigeren Haltungsstufe.
Die Raiffeisen Viehzentrale (RVZ), einer der größten Viehvermarkter Deutschlands, steht im Zentrum der Vorwürfe. Die Genossenschaft hat ihren Sitz in Wolpertshausen (Baden-Württemberg) und sammelt laut Angaben eines Experten jährlich rund 4,5 Millionen Tiere von Bauernhöfen ein, um sie an Schlachthöfe zu liefern.
Die mutmaßlichen Manipulationen ereigneten sich bei der früheren RVG Werne im Münsterland – einem Unternehmen, das inzwischen mit der Viehzentrale Südwest zur RVZ fusioniert wurde.
Auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ sprach ein RVZ-Sprecher von „Widersprüchlichkeiten bei Lieferungen von Großvieh“. Man habe eine externe Untersuchung beauftragt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG soll nun nicht nur den Zeitraum von November 2023 bis Januar 2024 durchleuchten, sondern auch davor und danach prüfen. Weitere Aussagen wollte der Sprecher mit Verweis auf die laufenden Prüfungen nicht machen.
Noch ist unklar, wie viel falsch deklariertes Fleisch tatsächlich verkauft wurde – und in welchen Produkten es landete. Klar ist nur: Der Vertrauensschaden dürfte erheblich sein.