Er produzierte unzählige TV- und Kinohits: Michael Verhoven. Jetzt ist der Filmemacher tot. Damit verliert Senta Berger ihren Mann nach über 60 Jahren Ehe.

Der deutsche Filmemacher Michael Verhoeven („Die weiße Rose“) ist tot. Der Ehemann von Schauspielerin Senta Berger starb bereits am vergangenen Montag im Alter von 85 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit, wie die Familie am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in München mitteilte.

Michael Verhoeven hinterlässt unter anderem seinen Sohn Simon, mit dem er zusammen die Erfolgskomödie „Willkommen bei den Hartmanns“ produzierte – es sollte sein letzter Film bleiben. Politische Botschaften leicht verpackt: Das war immer auch ein Erfolgsrezept des Regisseurs und Produzenten. Michael Verhoeven lernte früh, was es heißt, in Deutschland erfolgreich Kunst zu machen.

Sein Vater, der berühmte Theatermann Paul Verhoeven, war jedenfalls entsetzt, als sein Sohn anfing, Medizin zu studieren. „Wie kann man, wenn man als Schauspieler Chancen hat und gewollt ist, Arzt werden wollen? Das ist doch ein totaler Missgriff“, erinnerte sich Verhoeven einst an dessen Reaktion. Später wurde er zu einem der wichtigsten politischen Regisseure, ist mit der Schauspielerin Senta Berger glücklich verheiratet und hat die Filmleidenschaft an die beiden Söhne Simon und Luca weitergegeben.

„Ich habe eine sehr schöne Kindheit gehabt“

Er habe viel Glück gehabt, sagte der Regisseur rückblickend. Während des Zweiten Weltkrieges blieb ihm vieles erspart. Als die Bomben auf Berlin fielen, flüchtete die Familie auf einen Bauernhof bei Coburg, wo es viele Tiere gab. „Ich habe eine sehr schöne Kindheit gehabt.“ Ein „zufälliges Glück“ sei das damals gewesen. „Ich habe ein bisschen schlechtes Gewissen deswegen, das war ja eine Leidenszeit für viele.“



Meine Eltern waren sehr wach und auch sehr kritisch, bei uns wurde alles bei Tisch besprochen.


Michael verhoeven


Einige Jahre später in München sammelte Verhoeven andere Erfahrungen. Nachdem er mit zwölf Jahren den Film „Das doppelte Lottchen“ gesehen hatte, war er hingerissen von den Zwillings-Darstellerinnen. Er fand heraus, wo sie wohnten, und versuchte täglich, einen Blick auf sie zu erhaschen. „Ich habe sogar meinen Schulweg geändert, um dort vorbeizukommen, und bin ungefähr ein Vierteljahr lang jeden Tag zu spät gekommen und habe eine Strafe bekommen. Irgendwann habe ich sie angesprochen.“

Später stand Verhoeven mit den Mädchen auf der Bühne des Theaters „Die kleine Freiheit“ und spielte „Pünktchen und Anton“, bevor er auch zum Film kam. Dabei lernte er den Schriftsteller Erich Kästner kennen, der ihn faszinierte und mit dem er sich gerne unterhielt, auch über politische Themen, die ihn schon früh interessierten. „Das habe ich mitbekommen zu Hause. Meine Eltern waren sehr wach und auch sehr kritisch, bei uns wurde alles bei Tisch besprochen.“ Auch die damals jüngste Vergangenheit – Deutschland im Nationalsozialismus. „Im Geschichtsunterricht wurde alles verschwiegen. 1957 habe ich Abitur gemacht und wir haben das Dritte Reich nicht erreicht, wir haben mit der Weimarer Republik aufgehört.“

Das faschistische Deutschland – ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch Verhoevens Werk zieht. 1982 brachte er nach vielen Schwierigkeiten „Die weiße Rose“ ins Kino, mit Lena Stolze als Sophie Scholl, die mit Gleichgesinnten wegen ihres Widerstands gegen die Nazis verhaftet und hingerichtet wurde. „Ich wollte diesen Blick auf die deutsche Geschichte und ich hatte das Bedürfnis, dass das nicht nur in den Büchern bleibt“, sagte Verhoeven.

2012 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Films in München

1970 wirbelte er die Filmfestspiele in Berlin durcheinander mit dem Film „O.K.“, mit dem er die fehlende kritische Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg deutlich machen wollte. Der Berlinale-Jurypräsident George Stevens, der aus den USA kam, fühlte sich beleidigt, und nach einigem Tumult brach die Jury auseinander, sodass es am Ende gar keine Preise gab. „Das war nicht einmal ein Film gegen Amerika, sondern gegen uns, die wir das einfach so unreflektiert mitmachen und uns diesen Vietnamkrieg am Abend im Fernsehen zur Unterhaltung anschauen“, meint Verhoeven dazu.

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