Die FDP ist der größte Ampelverlierer der Brandenburg-Wahl. Platzen lassen wollen die Liberalen das Bündnis deshalb nicht. Doch die Uhr tickt.

Christian Lindner hat sich schon mal warm angezogen. Draußen vor der Tür in Berlin-Mitte sind es zwar noch 23 Grad, ein Spätsommertag, perfekt für ein letztes Eis in der Sonne. Doch der FDP-Chef trägt dunklen Rollkragenpullover zum dunklen Anzug, das Signal eindeutig: Der Herbst hat begonnen, der „Herbst der Entscheidungen“.

Von dem jedenfalls spricht Lindner an diesem Montagvormittag gleich mehrfach, als er der Hauptstadtpresse die für die FDP desaströsen Ergebnisse der Landtagswahl in Brandenburg einordnet. Was er mit dem Begriff meint, ist nicht weniger als ein Ultimatum an SPD und Grüne: Spielen die Koalitionspartner nicht mit, liefert die Ampel nicht endlich die Ergebnisse, die die FDP braucht, um nächstes Jahr erhobenen Hauptes in den Wahlkampf zu ziehen, ist es aus mit der Ampel. Dann lieber nicht regieren, als schlecht regieren.

Natürlich sagt Lindner das nicht in dieser Deutlichkeit, im Gegenteil. Wer ihn am Montag reden hört, könnte meinen, hier glättet einer die Wogen, die zuvor erst sein Vizeparteichef Wolfgang Kubicki aufgeworfen hat.

Schon am Wahlabend erklärte dieser mit Blick auf den Fortbestand der Regierungskoalition: Entweder es gelinge „in den nächsten 14 Tagen, drei Wochen“, bei den wichtigen Themenfeldern gemeinsam voranzukommen – „oder es macht für die Freien Demokraten keinen Sinn mehr, an dieser Koalition weiter mitzuwirken“.

Lindner setzt bewusst andere Töne, spricht davon, dass man jetzt „sehr sorgfältig mit den Konsequenzen aus diesem Wahlergebnis“ umgehen müsse. Zwei, drei Wochen noch und dann ist klar, ob es weitergeht? Ganz so einfach wie Kubicki will es sich Lindner nicht machen. Und doch klingt er letztlich recht ähnlich wie sein Stellvertreter, wenn er sagt: „In den nächsten Wochen, in diesem Herbst der Entscheidungen, wird sich offenbaren, ob es den gemeinsamen Willen in der Koalition gibt.“

FDP-Vize Wolfgang Kubicki: Der Ampel bleibt ihm zufolge nicht mehr viel Zeit, um wichtige Beschlüsse zu fassen. (Quelle: IMAGO/imago)

Der Ampel, so Lindner, müsse es gelingen, auf den drei wichtigsten Themenfeldern voranzukommen: eine andere Migrationspolitik, ein solider Haushalt und eine damit verbundene bessere Wirtschaftspolitik, die für mehr Wachstum sorgt. „Das sind die Fragen, die in diesem Herbst geklärt werden müssen.“

Und weil „Herbst“ für viele ein doch recht schwammiger Zeitraum ist, liefert Lindner auf Nachfrage eines Reporters seine – kalendarische – Definition nach. „Wenn ich es richtig weiß, war gestern Herbstanfang“, sagt er. „Und der 21. Dezember ist der Winteranfang. Daraus ergibt sich der Zeitkorridor.“

Die Uhr tickt, das Ultimatum ist gestellt. Lässt die FDP die Ampel also zu Weihnachten platzen? Oder womöglich sogar schon früher, etwa in den letzten Zügen der Haushaltsverhandlungen im November?

Final beantworten lassen sich diese Fragen, Stand heute, noch nicht. Einmal mehr ist nach der Brandenburg-Wahl nur eines klar: Für die FDP geht es um die Existenz. Im Märkischen holten die Liberalen gerade einmal 0,8 Prozent der Stimmen, noch einmal weniger als in Sachsen und Thüringen. Es ist die elfte Wahlschlappe in Folge seit Mai 2022. Keiner der drei Regierungspartner leidet mehr unter der Ampel, im Osten ist die FDP inzwischen geradezu pulverisiert.

Erschwerend kommt hinzu: Selbst in den bundesweiten Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach, das innerhalb der Partei als verlässlichstes Stimmungsbarometer gilt, ist die FDP zuletzt in die politische Todeszone abgerutscht, rangiert nunmehr lediglich noch bei vier Prozent, würde also am Einzug in den Bundestag scheitern. So schlecht stand es um die Liberalen seit bald zehn Jahren nicht mehr.

Kontroverse Diskussion im Parteivorstand blieb aus

Jenseits von Kubicki, der am Sonntagabend – wie schon so oft – vorpreschte, gibt es deshalb auch andere, die sich für ein vorzeitiges Ende der Koalition aussprechen. Martin Hagen, FDP-Chef in Bayern, etwa sagte am Montagmorgen der „Augsburger Allgemeinen“: „Wenn man merkt, dass es nicht mehr geht, muss man auch irgendwann bereit sein, den Stecker zu ziehen. Wir müssen im Bundesvorstand Tacheles reden.“

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