Ab 2026 soll das neue Altersvorsorgedepot die Riester-Rente ablösen. Die FDP-Abgeordnete Anja Schulz erklärt, wie es funktionieren soll und welche Optionen Bestandskunden haben.

Finanzexperten sind sich schon lange einig: Das Modell Riester-Rente ist gescheitert. Die Ampelkoalition hat deshalb eine Reform der privaten Altersvorsorge auf den Weg gebracht, die eine völlig neue Art des staatlich geförderten Sparens möglich machen soll: das Altersvorsorgedepot.

t-online sprach mit Anja Schulz, Mitglied des Bundestags und des Bundesvorstands der FDP, darüber, welche Vorteile das Depot im Vergleich zu bisherigen Riester-Verträgen bietet, wo ihm Grenzen gesetzt sind und ob es für jeden Bestandskunden sinnvoll ist, ins neue System zu wechseln.

t-online: Frau Schulz, warum muss die private Altersvorsorge reformiert werden?

Anja Schulz: Die private, geförderte Altersvorsorge ist nicht mit der Zeit gegangen. Sie hängt an ihren starren Vorgaben, ist viel zu kompliziert und viel zu bürokratisch. Die Folge ist, dass viele Menschen Riester nicht mehr nutzen und viele Verträge beitragsfrei sind. Die Leute sparen trotzdem, allerdings auf dem Sparbuch oder auf dem Tagesgeldkonto.

Wo es jedoch keine oder nur vergleichsweise niedrige Zinsen gibt.

Genau. Wenn wir uns aktuelle OECD-Studien ansehen, stellen wir fest, dass knapp 90 Prozent der Erwachsenen in Deutschland tatsächlich aktiv Geld zur Seite legen, davon investieren aber nur 18 Prozent in Aktien oder Fonds. Das heißt, viele nutzen die Chancen des Kapitalmarktes nicht. Andererseits erkennen wir aber, dass insbesondere seit der Corona-Pandemie mehr Menschen mit einem Depot vorsorgen. Sie nutzen Neobroker oder die Bank um die Ecke, um in den Aktienmarkt einzusteigen. Diese Möglichkeit wollen wir in Zukunft allen Menschen bieten.

Kernstück des Gesetzentwurfs ist daher die Einführung eines sogenannten Altersvorsorgedepots. Welche Vorteile hätte es im Vergleich zur bisherigen Riester-Rente?

Ein Vorteil: mehr Wahlmöglichkeiten. Im Altersvorsorgedepot soll es möglich sein, in Aktien, Fonds, ETFs oder auch in Anleihen zu sparen. Es ist also volle Flexibilität da für den Einzelnen, jeder kann nach seinem individuellen Sicherheitsbedürfnis bestimmen, in welche Richtung es gehen soll. Des Weiteren fallen die Garantien weg. Bei Riester hat die 100-prozentige Bruttobeitragsgarantie dazu geführt, dass die Renditen enorm eingeschränkt sind. In Zukunft soll es mit dem Altersvorsorgedepot mehr Chancenorientierung geben.

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Beim Altersvorsorgedepot ist also nicht mehr garantiert, dass man seine eingezahlten Beiträge vollständig zurückbekommt. Wie macht man das den sicherheitsbewussten Deutschen schmackhaft?

Sicherheit ist für Menschen bei der Altersvorsorge enorm wichtig. Allerdings hat man mit dem Altersvorsorgedepot auch große Flexibilität und Transparenz. Ich kann jederzeit darauf zugreifen, kann also sehen, wie sich die Produkte entwickelt haben, die ich bespart habe, und Gewinne mitnehmen oder mein Geld umschichten. Zum Start meines Renteneintrittsalters könnte ich zum Beispiel in risikoärmere Anlagen wechseln, um nicht so große Schwankungen zu haben.

Und wenn ich partout nichts mit Aktien zu tun haben möchte?

Wer es noch sicherer haben will, kann auch nach der Reform bei einer Versicherungslösung bleiben. Es soll dabei die Wahl geben zwischen Verträgen, die wie bisher 100 Prozent der eingezahlten Beiträge garantieren und solchen, die 80 Prozent garantieren. Auf lange Sicht zeigt sich jedoch, dass gerade in sehr jungen Jahren mit Aktien höhere Renditen erzielen werden können. Und das sehen wir als Chance.

(Quelle: FDP)

Anja Schulz, geboren 1985 in Uelzen, ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete und seit 2023 Mitglied des Bundesvorstands der FDP. Die gelernte Bankkauffrau arbeitet seit ihrem 25. Lebensjahr als selbstständige Finanzberaterin mit den Schwerpunkten betriebliche Altersvorsorge, Kapitalanlage und Altersversorgung. Sie ist Mitglied im Finanzausschuss sowie im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Der Staat will jeden angelegten Euro mit 20 Cent bezuschussen – bis zu einer Höhe von 3.000 Euro im Jahr. Ist dieser Betrag gleichzeitig eine Grenze für Einzahlungen oder kann ich auch mehr Geld anlegen, nur dann eben ohne weitere Förderung?

Das wird gleichzeitig eine Einzahlungsgrenze sein. Denn die Anbieter der Depots müssen unterscheiden können, welche Beträge gefördert werden und welche nicht.

Das heißt, ich brauche noch ein weiteres Depot, wenn ich mehr als 3.000 Euro im Jahr sparen will?

Genau. Und diese Trennung ist auch sinnvoll. Denn in der Rentenphase muss das Geld aus dem Altersvorsorgedepot ohnehin separat betrachtet werden. Während Einzahlungen in ein privates Depot jederzeit individuell so entnommen werden können, wie gewünscht, folgt das Altersvorsorgedepot einem 20-jährigen Auszahlplan. Daher ist ganz klar zu differenzieren zwischen einem Altersvorsorgedepot, wo zunächst bis zu 3.000 Euro im Jahr plus Zulagen möglich sind – später bis zu 3.500 Euro –, und einem privaten Depot, in dem zusätzliches Geld ohne staatliche Förderung anlegt werden kann.

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