Die deutsche Wirtschaft schwächelt, protektionistische Bestrebungen nehmen weltweit zu. Die FDP-Abgeordneten Cronenberg und Westig fürchten, dass eine wichtige Chance ungenutzt bleibt.

Die Welt ist im Umbruch: Geopolitische Spannungen setzen den Multilateralismus immer weiter unter Druck und die Wirtschaft in Europa stagniert. Der Bericht des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, stellt der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ein schlechtes Zeugnis aus. Es gilt, diese Abwärtsspirale zu durchbrechen und die deutsch-französische Partnerschaft wieder zum Motor für Wohlstand und Wachstum in Europa zu machen. Möglich wäre das mit dem Abschluss des Mercosur-Abkommens auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro.

Während die Weltwirtschaft um drei Prozent wächst, schafft die EU gerade einmal ein Prozent Wachstum. In Deutschland schrumpft die Wirtschaft das zweite Jahr in Folge. Frankreich erkauft sich sein niedriges Wachstum teuer mit einem exzessiv hohen Haushaltsdefizit bei einer ohnehin schon gigantischen Staatsverschuldung von über 100 Prozent.

Als Gegenmaßnahmen erwägt die französische Regierung Steuererhöhungen, die kaum geeignet sein dürften, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Wenn aber die deutschen interventionistischen Transformationsbemühungen nicht erfolgreich sind, die französische Industriepolitik auf Dauer nicht finanzierbar ist und beide am Ende nicht an einem Strang ziehen, dann kann die EU keine starke Rolle in der Welt einnehmen.

Welche Strategie führt uns aus dieser Abwärtsspirale?

Zunächst müssen die Regierungen in Paris und Berlin zu einem kooperativen Miteinander zurückfinden und wieder ernsthafte Schritte aufeinander zugehen. Dafür ist es beispielsweise hilfreich, wenn nicht notwendig, dass Berlin Frankreichs Weg zu einer emissionsfreien Energieversorgung mittels Atomkraft vollumfänglich anerkennt. Gleichzeitig sollte Paris die herausragende Bedeutung des EU-Außenhandels für die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen anerkennen. Weder dürfen die energiepolitischen Überzeugungen einzelner Parteien diesseits des Rheins die Achse Paris–Berlin, noch die Agrarinteressen jenseits des Rheins länger schwächen. Es gilt, eigene Positionen zu Einzelfragen in den Kontext einer gemeinsamen europäischen Verantwortung zu stellen. Fortschritt beginnt mit Loslassen. Oder auch: „avancer, c’est renoncer“.

Einen Ausweg aus dieser Lage weist der Abschluss des Mercosur-Abkommens. Mit dem Abkommen wäre der Weg frei für die größte Freihandelszone der Welt. Kein anderes Abkommen könnte auf einen Schlag einen so großen positiven Impuls freisetzen. Für Mercosur sprechen viele Gründe. Drei davon lauten: Schutz des Regenwalds, Geopolitik und die Zukunft Europas. Wirtschaftlich profitieren würde vor allem der Mittelstand – und das in Deutschland und in Frankreich! Ganze Branchen warten auf ein Signal des wirtschaftlichen Aufbruchs. Weniger „planification“ und mehr Mittelstand wagen – so lautet unser Appell an unsere französischen Freunde. In den Mercosur-Staaten ist man längst zur Unterschrift bereit und schaut verwundert, wenn nicht zunehmend irritiert, auf das Zaudern in der EU.

Spätestens seit der Wiederwahl von Donald Trump befindet sich Europa in einer Sandwich-Position: Streit mit China um E-Auto-Zölle im Osten, drohende US-Zölle im Westen. Scheitert jetzt auch noch Mercosur, ist das der wirtschaftspolitische Worst Case.

Aus der EU-Kommission sind Stimmen zu vernehmen, die es nicht so weit kommen lassen wollen. Denn die EU kann das Abkommen auch gegen französische Widerstände durchsetzen. Noch scheut man diesen Schritt und dieser Schritt wäre auch definitiv nicht das richtige Signal. Stattdessen wäre es ein Zeichen großer Stärke, würde sich Frankreich dem Konsens in der EU anschließen, dann geht es auch ohne Machtwort aus Brüssel.

Je einheitlicher die Stimme der EU, desto stärker wird sie auf der anderen Seite des Atlantiks wahrgenommen. Der gewählte Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump, wird Europa mehr denn je herausfordern, wenn es um unseren Beitrag zur transatlantischen Partnerschaft geht. Es sollte also unser ureigenstes Interesse sein, mit dem Mercosur-Abkommen unsere Position international zu stärken und so eine gute Verhandlungsgrundlage für die Zukunft herzustellen. Der globale Trend mag in Richtung eines zunehmenden Protektionismus weisen. Dem darf Europa sich nicht anschließen. Freihandelsabkommen von Australien über Indien bis Argentinien sind der Königsweg zu höherer Resilienz und einer breiten Diversifizierung der Lieferketten.

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