Legendäre Duelle

„Weltpokalsiegerbesieger“: Als St. Pauli Bayern besiegte


Aktualisiert am 08.11.2024 – 16:10 UhrLesedauer: 3 Min.

Nico Patschinski (r.) trifft zum 2:0 gegen Bayern München: Oliver Kahn (l.) kann es kaum fassen. (Archivbild) (Quelle: IMAGO / Garcia)

Am 9. November empfängt der FC St. Pauli den FC Bayern am Millerntor. In der Vergangenheit schrieb das ungleiche Duell einige Geschichten, die man sich bis heute gern erzählt.

Oft haben sich der FC St. Pauli und der FC Bayern München in ihrer jeweils langen Historie bisher nicht gesehen. Erst 22 Pflichtspiele stehen in der Statistik, die meisten davon gingen ziemlich klar an den Primus aus dem Süden. Einige Duelle sind allerdings in die deutsche Fußballgeschichte eingegangen.

In der Saison 2001/02 läuft es weder für St. Pauli noch für die Bayern rund. Die Hamburger liegen Anfang Februar als Aufsteiger abgeschlagen am Tabellenende, dem Weltpokalsieger aus München fehlen schon jetzt sechs Punkte auf den späteren Meister Borussia Dortmund. Vor dem Duell am 6. Februar organisiert der Radiosender Energy eine nächtliche Party vor dem Bayern-Hotel: Menschen lassen Sirenen heulen, schlagen auf Kochtöpfe und skandieren über ein Megafon Parolen. Der Lärm soll die Spieler um den Schlaf bringen.

Der Plan geht auf: Nach 30 Minuten trifft erst Thomas Meggle für den Kiezclub, wenig später legt Nico Patschinski (33.) nach. Der FC St. Pauli spielt sich in eine Art Rausch, nur Bayern-Torwart Oliver Kahn verhindert, dass der Rekordmeister an diesem Abend in Hamburg komplett untergeht. Die exakt 20.736 Fans sehen einen „Underdog“, der mit großem Kampfgeist und Geschlossenheit fast alles verteidigt, was der FC Bayern vor dem Tor versucht.

Kurz vor dem Abpfiff schafft Willy Sagnol (87.) zwar noch das 1:2, aber mehr ist nicht mehr drin. Zum ersten Mal gewinnt St. Pauli ein Bundesliga-Heimspiel gegen die Bayern. Der Verein lässt anschließend die mittlerweile legendären „Weltpokalsiegerbesieger“-Shirts auflegen – die werden heute immer noch verkauft.

Anderthalb Jahre nach dem „Weltpokalsiegerbesieger“-Spiel liegt der FC St. Pauli am Boden. Sportlich steigt der Verein zweimal in Folge ab und wird aus der Bundesliga in die Regionalliga Nord durchgereicht. Wirtschaftlich plagt die Kiezkicker eine Finanzlücke von fast zwei Millionen Euro. Die muss der Verein aber zwingend stopfen, um überhaupt die Lizenz für die Liga zu bekommen. Unter dem neuen Präsidenten Corny Littmann beginnt im Sommer 2003 die Kampagne zur Rettung: Es gibt Spendenaktionen, St. Pauli verkauft sein Jugendzentrum an die Stadt Hamburg, die Fans kaufen frühzeitig mehr als 10.000 Dauerkarten, außerdem legt der Verein ein „Retter“-Shirt auf.

Und dann ist da noch Uli Hoeneß. Ausgerechnet der Klubboss des großen „Klassenfeindes“ Bayern München – lange Zeit die Reizfigur schlechthin – erklärt sich spontan zu einem „Retterspiel“ bereit. Am 12. Juli 2003 verfolgen mehr als 20.000 Fans im ausverkauften Millerntor-Stadion das Testspiel. Die Bayern gewinnen durch Paolo Guerrero mit 1:0. Viel wichtiger: Der Rekordmeister will für das Spiel kein Geld sehen. Die gesamten Einnahmen in Höhe von 200.000 Euro bleiben am Millerntor. Uli Hoeneß hegt bis heute Sympathien für den FC St. Pauli. Zwischen den Fanszenen herrscht seitdem eine enge Freundschaft.

Im Frühjahr 2006 gewinnt der FC St. Pauli durch seine überraschend erfolgreiche Saison im DFB-Pokal viele Sympathien. Burghausen, Bochum, die Berliner Hertha und Werder Bremen ziehen gegen den Regionalligisten vom Millerntor allesamt den Kürzeren. Die legendäre „B-Serie“ ist geboren. Im Halbfinale wartet der nächste Gegner mit einem B – Bayern München.

19.400 Fans sehen am 12. April einen harten Kampf des Kiezclubs gegen den amtierenden Deutschen Meister. Nach 15 Minuten bringt Owen Hargreaves den FC Bayern zwar in Führung, doch St. Pauli ist ein zäher Gegner. Oliver Kahn muss mehrere Glanzparaden zeigen, unter anderem gegen Felix Luz (54.) und Thomas Meggle (77.). Erst ein später Doppelschlag durch Claudio Pizarro (84./89.) setzt allen braun-weißen Träumen vom Pokalfinale ein Ende.

Für den FC St. Pauli ist es indes ein erneutes „Retterspiel“: Knapp drei Millionen Euro an Prämien bekommt der immer noch arg verschuldete Drittligist vom DFB. Geld, das den FC St. Pauli wirtschaftlich nach vielen schwierigen Jahren endlich wieder auf solide Füße stellt.

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