Vor ein paar Jahren wollte niemand nach München reisen. Heutzutage freuen sich die Teams auf Duelle gegen die Bayern.

„Es ist mittlerweile so, dass du, wenn du in die Allianz Arena kommst, schon vorher dieses Gefühl hast: Du hast Angst, dass du auf die Schlachtbank geführt wirst.“ Diese Aussage stammt von Thomas Eichin, dem ehemaligen Manager des SV Werder Bremen, der im November 2015 im Sport1-„Doppelpass“ zu Gast war. Tags zuvor hatte der FC Bayern, Gastgeber der „Schlachtbank“ Allianz Arena, den VfB Stuttgart mit 4:0 deklassiert. Dabei war das Ergebnis aus Sicht der Schwaben angesichts der 33 Torschüsse der Bayern noch ein dankbares.

Zu dem Zeitpunkt hatte der Rekordmeister nach zwölf Spieltagen 34 von 36 möglichen Punkten geholt. Erfolgstrainer Pep Guardiola war mit seinem Team auf dem Weg zur dritten Meisterschaft in Serie.

Thomas Eichin wusste, wovon er redete, als er von der Schlachtbank sprach. In der Vorsaison hatte Werder mit 0:6 in München verloren.

Bremens Verteidiger Sebastian Prödl kommentierte das Debakel gegen die Guardiola-Bayern anschließend ebenfalls mit einem Vergleich: „München ist wie ein Zahnarztbesuch. Muss jeder mal hin. Kann ziemlich wehtun. Kann aber auch glimpflich ausgehen.“ Prödls Aussage sollte später als Sportzitat des Jahres ausgezeichnet werden. Und Bremen fünf Monate nach Eichins Zitat mit 0:5 in München verlieren.

Die Furcht vor den Bayern ist weg

Achteinhalb Jahre später ist die „Schlachtbank“ abgebaut und der Zahnarzttermin abgesagt. Wer nach München reist, hat echte Hoffnung auf einen Sieg. Wer auf den FC Bayern trifft, geht mutig ins Spiel.

In den vergangenen Wochen war das oft genug zu sehen. Beispielsweise als Werder Bremen Ende Januar nach einem 1:0-Sieg drei Punkte aus München entführte. Oder vor zwei Wochen, als der VfL Bochum im eigenen Stadion die Bayern mit 3:2 besiegte. Oder am vergangenen Freitag, als der SC Freiburg die ersten 30 Minuten gegen den Titelverteidiger dominierte und auch nach dem 1:2-Rückstand noch um einen Punkt kämpfte – und belohnt wurde (den Spielbericht zur Partie lesen Sie hier).

Die Furcht vor den Bayern, sie ist weg. Dabei machte die jahrelang den Unterschied, lähmte so manchen Gegner schon vor dem Anstoß. Udo Lattek, langjähriger Trainer des FC Bayern, hatte in den 1980er Jahren den Satz geprägt: „Die Angst des Gegners, das ist auch die Stärke der Bayern.“

Da, wo früher Angst war, ist heute gerne mal Vorfreude. Jeder in der Liga will die Bayern ärgern und selten war die Chance dafür so groß wie momentan. So harmlos und unkreativ wirkt das Team von Trainer Thomas Tuchel seit dem Jahreswechsel. In der Hinserie hatten die Münchner noch 4:0 gegen Bremen, 7:0 gegen Bochum, 8:0 gegen Darmstadt oder 4:0 gegen Dortmund gewonnen. Aktuell scheint das Team meilenweit von solchen Ergebnissen entfernt zu sein.

„Heute brauchen wir nicht darüber sprechen“

Stars in der Formkrise, ein zum Sommer entlassener Trainer, der die Mannschaft nur noch situativ zu erreichen scheint und Unruhe rund um auslaufende Spielerverträge tragen dazu bei, dass der FC Bayern aktuell nicht wie er selbst wirkt. An die Meisterschaft denkt angesichts von sieben Punkten Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen, der den Vorsprung am Sonntag im Derby gegen Köln auf zehn Punkte ausbauen kann, kaum jemand. Sportdirektor Christoph Freund antwortete auf eine Frage nach dem Bundesliga-Titel am Freitag mit: „Heute brauchen wir nicht darüber sprechen.“

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