Ein Ritt auf der Rasierklinge: Der 1. FC Köln versucht seinen Mitgliedern Antworten zu liefern. Doch die Verantwortlichen stoßen an ihre Grenzen.

Es war der Versuch, die Mitglieder und Fans zu beruhigen. Der 1. FC Köln lud am Mittwochabend zur großen Aussprache. In den MMC Studios stellten sich die FC-Bosse auf großer Bühne über 800 Anhängern. Es ging sachlicher und strukturierter zu, als man bei den Geißböcken zunächst befürchtet hatte, und am Ende des Abends hielten die Verantwortlichen ihr zentrales Versprechen: Der Mitglieder-Stammtisch endete erst, als alle Fragen gestellt waren.

Und so konnte am Ende um 23:30 Uhr, als zum Abschied die Vereinshymne gespielt wurde, niemand der Anwesenden behaupten, kein Gehör gefunden zu haben. Ein wichtiges Zeichen für die Mitglieder, die sich nach den verheerenden Vorweihnachtstagen von den FC-Bossen im Stich gelassen gefühlt hatten. Erst die Baumgart-Trennung, dann das CAS-Urteil mit der Transfer-Sperre: Das war zu viel gewesen für das FC-Gemüt.

Keller klärt im Sport routiniert auf

Nun also kam es zur großen Fragerunde. Doch während alle Fragen gestellt wurden, bedeutete dies nicht, dass auch alle Antworten gegeben wurden. Christian Keller deklinierte zunächst noch einmal die Freistellung von Steffen Baumgart und die Verpflichtung von Timo Schultz durch, während er später seinen Sparkurs und seine Kaderplanung verteidigen musste. Doch zwischen den sportlichen Aspekten ging es vor allem um eines: die Transfer-Sperre, verhängt durch die FIFA und bestätigt durch den CAS.

Und während die Verantwortlichen bei allen anderen Fragen meist souverän blieben und teils klare Worte fanden, schwand diese Qualität im für viele Fans wichtigsten Teil des Abends. Die Kernfrage lautete: Wie hatten es Vorstand und Geschäftsführung nur so weit kommen lassen können, dass der FC als erster deutscher Club überhaupt eine so harte Strafe hinnehmen musste?

FC-Bosse gestehen „Fehleinschätzungen“

Zumindest eine Antwort bekamen die anwesenden Fans sofort: Geschäftsführer Philipp Türoff und Präsident Werner Wolf entschuldigten sich gleichermaßen und erklärten einhellig, dass interne „Fehleinschätzungen“ dazu geführt hätten, dass der FC alle Gerichtsprozesse verloren und schließlich „drakonisch“ (Türoff) bestraft worden sei. Man werde weiter alles aufarbeiten und in den kommenden Monaten die Ergebnisse vorstellen.

Doch eine Frage konnten – oder wollten – die Verantwortlichen nicht beantworten und zogen sich damit den Unmut vieler Mitglieder auf sich. Es ging um die wohl entscheidenden Fakten rund um die Verpflichtung von Jaka Cuber Potocnik im Januar 2022. Dazu muss man sich erinnern: Die Familie des damals 16-Jährigen hatte am 30. Januar 2022 den Vertrag des Spielers bei Olimpija Ljubljana einseitig gekündigt und nur weniger als 24 Stunden später, am 31. Januar 2022, einen Vertrag beim 1. FC Köln unterschrieben.

Die Frage nach dem Erstkontakt

Wegen genau dieser zeitlichen Enge hatte Ljubljana bei der FIFA geklagt und dem FC vorgeworfen, den Spieler zum Vertragsbruch angestiftet zu haben. Ein Vorwurf, den die Geißböcke hätten widerlegen müssen – und es nicht konnten. Am Mittwochabend wollten zahlreiche Mitglieder eine Antwort auf die entscheidende Frage: Hatte der FC schon vor dem 30. Januar 2022 Kontakt zum Spieler und dessen Umfeld aufgenommen? Die Antworten der FC-Bosse am 10. Januar 2024, also fast auf den Tag genau zwei Jahre später, überraschten.

„Wir kennen keine Hinweise, dass der FC schon vorher mit dem Spieler in Kontakt war“, sagte Türoff und betonte auch danach noch mehrfach, dass der FC keinen Kontakt zum Spieler gehabt habe, ehe dieser seinen Vertrag gekündigt hatte. „Das haben wir dokumentiert und formuliert. Sonst wäre das Risiko überwältigend gewesen.“ Dennoch erscheint dies kaum vorstellbar. Zwar ist nicht unüblich, dass erwachsene Profi-Fußballer sich innerhalb weniger Stunden für einen Vereinswechsel entscheiden. Ein Minderjähriger jedoch, der noch nie im Profifußball unterwegs war? Und dann auch noch, ohne jemals zuvor mit den Verantwortlichen des ausländischen Clubs gesprochen zu haben?

„Das ist gelogen!“

Das fanden offenbar nicht nur FIFA und CAS unglaubwürdig, sondern auch die FC-Fans. Und so mancher wurde in den MMC Studios sauer. „Das ist gelogen“, sagte ein FC-Fan. „Das beleidigt unsere Intelligenz“, sagte ein anderer. Und als Vizepräsident Carsten Wettich zu erklären versuchte, man hätte diese Frage noch nicht final klären können, weil man sich ja mit dem CAS-Verfahren hätte beschäftigen müssen, platzte einem anderen Mitglied der Kragen: „Zwei Jahre ist das jetzt her, und Sie sagen, Sie müssen das noch immer prüfen? Wie konnten Sie dann eine Verteidigung beim CAS auf die Beine stellen?“

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