Nach der Terrorattacke von Solingen will die Bundesregierung das Asylrecht verschärfen. Dagegen regt sich jetzt Widerstand bei den Sozialdemokraten.

In der Bundesregierung herrschte schnell Einigkeit, nachdem ein Messerangreifer am 23. August in Solingen drei Menschen getötet und acht weitere verletzt hatte. Noch Ende August kündigten Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) Verschärfungen im Asylrecht an. Schließlich war der Angreifer, Issa al-Hassan, ein in Bulgarien gemeldeter Asylbewerber aus Syrien, der eigentlich in das EU-Land hätte abgeschoben werden sollen.

Als Konsequenz aus der Tat von Solingen sollen künftig Asylbewerber, für deren Schutz ein anderer EU-Staat zuständig ist, kein Geld mehr vom deutschen Staat erhalten, sondern nur noch essenzielle Sachleistungen. Ihren Schutzanspruch komplett verlieren könnten zudem Asylbewerber, die zum Urlaub in ihr Heimatland zurückreisen, so die Pläne der Bundesregierung. Aus der Union kam sogar die Forderung, Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen.

Doch jetzt sprechen sich viele SPD-Mitglieder gegen die geplanten Maßnahmen aus.

„Es kann nicht sein, dass das Ziel, Bürgerinnen und Bürger zu schützen, genutzt wird, um Menschen pauschal auszugrenzen, ganze Gruppen der Gesellschaft zu stigmatisieren und rassistische und fremdenfeindliche Narrative zu bedienen“, heißt es in einem offenen Brief, den Dutzende SPD-Mitglieder aufgesetzt haben. „Die Debatte der letzten Tage ist ein Weckruf zur Verteidigung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und ganz konkret der Menschenrechte“, heißt es weiter in dem Schreiben, das unter anderem die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli unterzeichnet hat.

Die Initiatoren anerkennen zwar die Gefahr, die von Islamismus und religiösem Fanatismus für Deutschland ausgehen, halten die Pläne der Regierung aber für die falsche Antwort: „Die vorgeschlagenen Maßnahmen der Kürzung der Sozialleistungen unter das Existenzminimum und Hinderung der Einreise entmenschlichen Asylsuchende und sind dabei weder mit dem europäischen Gedanken, dem europäischen Recht, noch mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar“, schreiben sie.

„Diese Maßnahmen sind nicht nur ineffektive Scheinlösungen gegen islamistischen Terrorismus, sondern sie legitimieren rechtsextreme Narrative gegen Geflüchtete.“

Statt einer Verschärfung des Asylrechts fordern die SPD-Mitglieder, „Extremismus durch Prävention, Förderung des Zusammenlebens und durch Stärkung des Rechtsstaats“ zu bekämpfen. „Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestages auf, sich wieder für eine humane Asylpolitik einzusetzen, die keine rechten Fantasien von geschlossenen Grenzen reproduziert und stattdessen europäisches Recht sowie internationale Solidarität achtet.“

Aus der Bundesregierung hat sich bislang niemand zu dem offenen Brief aus der SPD geäußert. Unklar ist auch, wann die geplanten Gesetzesänderungen im Bundestag zur Abstimmung kommen. Nach einer Anhörung von Sachverständigen im Parlament meldete die SPD am Dienstag noch „internen Abstimmungsbedarf“, so Fraktionsvize Dirk Wiese.

Die Gesetzesänderungen müssten nicht nur wirksam sein, sondern auch rechtssicher, so Wiese. Die Expertenanhörung habe dazu wichtige Hinweise gebracht, die seine Fraktion nun mit den Koalitionspartnern auswerte. Ziel sei aber weiterhin, „dass wir das Paket so schnell wie möglich beschließen werden“, so Wiese.

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