Mit einem achtseitigen Brief
Burkhard Garweg meldet sich aus dem Untergrund
20.12.2024 – 15:36 UhrLesedauer: 3 Min.
Der ehemalige RAF-Terrorist hat ein Lebenszeichen aus dem Untergrund geschickt. In einem achtseitigen Brief verteidigt er seine Taten und äußert sich ausführlich zur aktuellen Politik.
Seit Jahren ermittelt die Polizei gegen die drei ehemaligen RAF-Terroristen Burkhard Garweg, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub. Im Februar nahmen die Ermittler Daniela Klette in Berlin fest. Ihr gelang es gerade noch, Garweg per SMS zu warnen.
Seither hat die Polizei zwar zahlreiche Spuren des 56-Jährigen verfolgt. Aber er bleibt unentdeckt. Jetzt hat er sich gemeldet: Die „taz“ berichtet, Garweg habe der Redaktion einen achtseitigen Brief geschrieben. Der Zeitung zufolge ist das Schreiben wohl authentisch. Auch Garwegs Anwälte hätten dies versichert.
In dem Brief verrät der Ex-Terrorist laut „taz“ nichts über seinen Aufenthaltsort oder eventuelle Unterstützer. Dafür schreibt er ausführlich über Politik.
„Grüße aus der Illegalität“, beginnt der Brief, den die „taz“ komplett veröffentlicht hat. Garweg richtet sich an Familie, Freunde und Verbündete sowie an „alle, die sich mit meiner und unserer Sicht auseinandersetzen wollen“.
Video | Hier hört man den Ex-RAF-Terroristen Garweg sprechen
Er schimpft zunächst auf einen „zunehmend autoritär agierenden Staat“ und auf Journalisten, die sich diesem bereitwillig als Hilfspolizisten andienen würden. Polizei und Medien würden mit dem Ziel lügen und hetzen, aus Klette, Garweg und Staub gewalttätige Kriminelle zu machen.
Die Polizei ermittelt gegen das Trio, weil es nach Auflösung der RAF zahlreiche Raubüberfälle verübt haben soll, um das Leben im Untergrund zu finanzieren. Garweg streitet diese Vorwürfe nicht ab, schreibt aber: „Für uns ist es ausgeschlossen, für Geld Gewalt gegen Menschen auszuüben, die sie töten oder physisch verletzen könnte. Jegliche Traumatisierung von Angestellten von Kassenbüros oder Geldtransportern ist zu bedauern.“
Laut Polizei haben die drei ehemaligen RAF-Mitglieder bei insgesamt 13 Überfällen 2,7 Millionen Euro erbeutet und die Überfallenen zumeist mit Schusswaffen oder Elektroschockern bedroht. Weil bei einem Überfall in Stuhr bei Bremen Schüsse fielen, ermittelt die Polizei wegen versuchten Mordes. Klettes Anwälte teilten allerdings mit, aus den Ermittlungsergebnissen gehe hervor, dass nicht gezielt auf den Fahrer des Geldtransporters geschossen worden sei.
In seinem Schreiben betont Garweg nun, indem die ehemaligen RAF-Terroristen als gewöhnliche Kriminelle dargestellt würden, solle „die Geschichte der Fundamental-Opposition“ entpolitisiert werden. Er selbst sehe sich aber immer noch als Teil der „revolutionären Linken“.
Weiter schreibt Garweg, der Kapitalismus sei „in eine umfassende und vielschichtige Krise geraten“. Die für den Kapitalismus existenziell notwendigen Wachstumsmöglichkeiten würden mehr und mehr an Grenzen geraten. Die Folgen seien zunehmende Armut, betriebliche Massenentlassungen und der Abbau sozialstaatlicher Programme.
Ebenso thematisiert Garweg die Zerstörung der ökologischen Lebensbedingungen, Krieg und Armut, Corona, Asyl, Israel und Gaza – es ist ein ausführlicher Rundumschlag, der gezielt alle diejenigen adressiert, die aktuell auf die eine oder andere Weise Leid erfahren. Der 56-Jährige richtet sich unter anderem an Menschen, die sich die Miete für ihre Wohnung nicht mehr leisten können, an politische Aktivisten auf verschiedenen Feldern sowie an die „Zehntausenden oder mehr, die das alles nicht mehr aushalten, die sich in die Abhängigkeit harter Drogen flüchten oder es vorziehen, ihr Leben gleich selbst zu beenden“. Es sei diese Gewalt, über die geredet werden müsse.
Garwegs Brief endet mit einem Solidaritätsaufruf und einer Kampfansage. Ziel müsse die „Rekonstruktion von Handlungsfähigkeit einer antikapitalistischen, sozialrevolutionären und internationalistischen Linken“ sein, um „eine befreite Gesellschaft aufzubauen“.