Für die AfD steuerte er im Bundestag die Außenpolitik. Über Jahre galt Waldemar Herdt als Strippenzieher der Russlandbeziehungen. Nun stellt er sich endgültig in den Dienst Putins.

Jetzt auch noch Kadyrow. „Die Teilnehmer sprachen dem Oberhaupt der tschetschenischen Republik, Ramsan Achmatowitsch Kadyrow, Held Russlands, ihre tiefste Wertschätzung aus“, heißt es in der Medienberichterstattung zu einer russischen Propagandaveranstaltung Ende April in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny.

Was nur wenige Leser oder Zuschauer international interessieren dürfte, birgt für die größte deutsche Oppositionspartei politischen Sprengstoff.

Ein Besucher aus Deutschland

Denn unter den Gästen, die der brutale islamistische Diktator in seinem Machtzentrum begrüßte, weilte neben Bollywood-Schauspielern und arabischen Delegierten auch einer, der bis vor wenigen Jahren als internationaler Strippenzieher der AfD-Bundestagsfraktion galt: Waldemar Herdt.

t-online vorliegende Videos und Fotos zeigen ihn auf dem Podium. Auf der zugehörigen Webseite wird er als Redner geführt. Dabei bleibt es aber nicht: Der ehemalige Abgeordnete des deutschen Bundestags arbeitet laut Recherchen von t-online nun für das Putin-Regime an einer neuen Weltordnung, in der Russland die früher blockfreien Staaten Asiens, Afrikas und Südamerikas gegen den verhassten Westen anführen soll.

Herdt in Grosny: Gemeinsam mit seinem engsten Moskauer Kontaktmann, dem Generalsekretär der Prilepin-Partei, Dimitri Kuznetsow. (Quelle: Screenshot: t-online)

Dafür sucht er Kontakt zu Männern, die Putins Militär, Geheimdiensten und Söldnertruppen verdächtig nahestehen, wie die Recherchen belegen.

Die Partei, die sich ohnehin aufgrund ihrer Russlandkontakte scharfer Kritik ausgesetzt sieht, will sich nun eilig distanzieren: „Waldemar Herdt ist im Februar aus der AfD ausgetreten“, sagt ein Sprecher auf Anfrage von t-online. Schon lange habe es Querelen um ihn gegeben, heißt es aus mehreren Quellen in der Partei hinter vorgehaltener Hand. Selbst in der skandalumwitterten AfD dürften die aktuellen Aktivitäten ihres ehemaligen Parteifreunds aber bei manchen Unbehagen auslösen.

Denn der Russlanddeutsche, geboren in Kasachstan, war über Jahre nicht eben ein Hinterbänkler.

Von 2017 bis 2021 war er Abgeordneter und leitete innerhalb der Fraktion sogar den einflussreichen „Arbeitskreis Außen“ – bekannt für radikal prorussische und prochinesische Positionen. Als Vorsitzender war es Herdt gemeinsam mit Petr Bystron, der das mittlerweile berüchtigte Treffen mit Oligarch Wiktor Medwedtschuk im Bundestag einfädelte. Dabei saß ein später wegen Spionageverdacht verhafteter Pole, wie t-online berichtete. Auch Syrien-Reisen und Kontakte zum dortigen Assad-Regime organisierte Herdt für seine Parteifreunde.

Herdt als Vorsitzender des „AK Außen“ der AfD-Fraktion mit Oligarch Medwedtschuk (M.): Mehrfach lotste er russische Lobbyisten in den Bundestag. (Quelle: Facebook, Stefan T. Keuter/Screenshot: t-online)

Bedenken, ob Herdt dabei immer deutsche Interessen vertrete und nicht etwa die des Kremls, wiegelten er und seine Partei stets ab. Nun stellen sich entsprechende Fragen vollkommen neu, denn Tschetschenien war zuletzt nicht seine einzige Station. Mittlerweile ist Herdt weltweit für Putins Russland aktiv und hält gleich mehrere vermeintlich bedeutsame Posten in Organisationen, die mit ihren Zielen nicht hinterm Berg halten.

Da ist zum Beispiel der „Internationale Rat der Russlanddeutschen – ‚Wiedergeburt'“: Ursprünglich hatte Herdt den Verein während seiner Zeit als Abgeordneter gegründet. Schon damals geriet er in Verruf, weil andere russlanddeutsche Verbände ihn überwiegend misstrauisch beäugten. Einem Putin-treuen Mitgründer und Mitarbeiter Herdts wurden frühere Kontakte zum sowjetischen Geheimdienst KGB nachgesagt. Beobachtet wurde er vom Verfassungsschutz.

Nun ist der deutsche Verein Geschichte und aus dem Handelsregister gelöscht – ein halbes Jahr vor Herdts Austritt aus der AfD aber als Aktiengesellschaft unter seiner Führung in Moskau wiederauferstanden. Die Charta der zugehörigen „Internationalen Allianz“ lässt aufhorchen: „Alle, die sich geistig mit der russischen Welt verbunden fühlen“, werden aufgerufen, „gemeinsam eine neue Weltordnung aufzubauen“.

Herdt mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow: Sein Ministerium unterstützt Herdts Projekte. (Quelle: OK.ru/Waldemar Herdt/Screenshot: t-online)
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