Die Progressiven legten vor, nun ziehen mehrere Wirtschaftsliberale in der FDP mit einer Analyse nach: Was sich aus ihrer Sicht für die Partei nach der Wahlschlappe ändern muss – und wie die neue Parteispitze künftig gewählt werden sollte.
Federführend verfasst hat die elfseitige Analyse der schleswig-holsteinische Abgeordnete Maximilian Mordhorst. Angeschlossen haben sich bislang 25 Mitzeichner, darunter zahlreiche Ex-MdBs wie Parteivize Wolfgang Kubicki, der bisherige Parlamentsgeschäftsführer Torsten Herbst, der Landeschef der FDP im Saarland, Oliver Luksic, sowie der bekannte Parlamentarier Frank Schäffler. Er gilt als einer der führenden Köpfe von „Ottos Erben“, einer losen Gruppe ordoliberaler Fraktionsmitglieder, die für einen Wirtschaftsliberalismus im Sinne Otto Graf Lambsdorffs eintreten.
In dem Papier, das t-online vorliegt, beklagen Mordhorst und seine Mitstreiter unter anderem, dass die FDP es nicht geschafft habe, einen stabilen Wählerstamm aufzubauen. Zudem sei man in der Ampelzeit weder richtig Regierungspartei noch richtig Opposition gewesen.
Ein weiterer Kritikpunkt: Der „berichtigte Führungsanspruch“ derer, die die FDP einst zurück in den Bundestag führten – gemeint sind also vor allem Parteichef Christian Lindner und seine Mitstreiter –, sei „immer wieder in eine Form der Unfähigkeit zur Selbstkritik, gefühlten Abgehobenheit und auch öffentlich wahrnehmbaren Unnahbarkeit umgeschlagen“. Bei vielen Bürgern sei dadurch der „Eindruck einer unsympathischen und kühlen Partei“ entstanden.
Was in Teilen schon in der Analyse des „Liberalen Fortschritts“ durchschimmerte, wird in dem Papier sehr deutlich: „Wer interne Kritik äußerte, wurde abmoderiert. Wer öffentliche Kritik äußerte, wurde mit Verweis auf die nächste Wahl (denn: irgendeine Wahl steht immer vor der Tür) als Verräter und Saboteur am gemeinsamen Erfolg gebrandmarkt.“ Die bittere Schlussfolgerung: Eine Erneuerung der Partei werde erst jetzt – „wo das Kind mit der Bundestagswahl bereits in den Brunnen gefallen ist“ – möglich.
Mit Blick auf die anstehende Neuaufstellung der Parteispitze, bei der sich unlängst Fraktionschef Christian Dürr als Nachfolger Lindners mit einer „Teamlösung“ in Stellung brachte, halten Mordhorst und seine Kollegen fest: „In den vielen Jahren parlamentarischer Präsenz war es nicht möglich, Personen derart aufzubauen, dass diese ernsthaft als Nachfolger infrage gekommen wären und jetzt die hinterlassene Lücke füllen könnten.“ Und weiter: „Das Problem ist nicht, dass nun eine Teamlösung gefordert wird, die es schon lange hätte geben müssen. Das Problem ist, dass diese Teamlösung aufgrund der personellen Verfasstheit der Partei geradezu alternativlos ist.“
Eine von zwölf Ideen und Forderungen, die die Unterzeichner des Papiers daraus ableiten: Die personelle Neuaufstellung der Partei solle „neue Gesichter verschiedenen Alters in die erste Reihe rücken lassen“ – die dann „per Urwahl“ der Mitglieder bestimmt werden. Diese Idee steht bislang noch im Widerspruch zur Satzung der FDP, die wie die meisten anderen Parteien für Wahlen auf Parteitagen ein Delegiertenprinzip vorsieht, sodass nicht sämtliche rund 70.000 Mitglieder über die Parteispitze abstimmen können.
Zudem sprechen sich die Unterzeichner der Analyse für ein neues Grundsatzprogramm aus. Ein solches hat sich die Partei zuletzt vor knapp zehn Jahren gegeben. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um abermals die inhaltlichen Leitplanken der eigenen Arbeit zu fixieren. Ziel eines neu zu diskutierenden Kurses müsse sein: „Die Neuaufstellung der Freien Demokraten soll inhaltlich mit dem Ziel erfolgen, dass ein dauerhafter Wählerstamm oberhalb der fünf Prozent erreicht wird. Entscheidende Bedingung ist dabei nicht, dass sich alle innerhalb der Partei mitgenommen fühlen, sondern dass uns außerhalb der Partei ausreichend Bürger wählen.“