Emre Can wird für den BVB immer mehr zum Problem. Sein Kurzauftritt in Madrid macht es nicht besser – von den Fans wird der Kapitän verspottet.

Nach der 2:5-Klatsche bei Real Madrid hängt der Haussegen beim BVB mehr als schief. Im Mittelpunkt der Kritik steht nach seinen Wechseln Trainer Nuri Şahin, aber auch die Diskussion um den Kapitän erreicht die nächste Stufe. Zwar stand Emre Can dieses Mal nicht in der Startelf, was von vielen Fans so schon länger vehement gefordert wird. Doch selbst die 14 Minuten nach seiner Einwechslung reichten aus, um erneut viele Fragen nach seiner Rolle aufzuwerfen.

Irgendwie hatte es fast schon etwas Bemitleidenswertes, als Emre Can in der 86. Minute vergeblich versuchte, mit Reals Vinícius Júnior mitzuhalten. Erst verlor der Dortmunder im Zweikampf den Ball, dann zog der Brasilianer einen Sprint über den ganzen Platz an. Can kam nicht ansatzweise hinterher und gab auf halber Strecke auf, statt wenigstens zum eigenen Strafraum durchzusprinten. Auf den Gegentreffer zum 2:4 hatte er so beste Sicht – eingreifen konnte er nicht mehr.

Die Reaktionen auf die Szene in den sozialen Netzwerken sind eindeutig. „Wie langsam ist bitte Emre Can und wie lustlos trabt er hinterher?“, fragt ein User auf „X“. Ein anderer ist sicher: „Das 2:4 wird wieder eines dieser Emre-Can-Masterclass-Videos, weil er – frisch eingewechselt – einfach entscheidet, dass zurücktraben gegen Real und Vini Jr. schon reichen muss.“ Und wieder andere kommentieren mit Ironie („Nicht verwechseln: Alphonso Davies = Road Runner, Emre Can = Not Runner“) oder purem Sarkasmus: „Ihr macht euch alle über Emre Can lustig, aber ich wette, ihr kennt keinen Zweitligaspieler, der gegen Vini besser aussieht.“

Die sachliche Ebene hat die Kritik am Mannschaftskapitän längst verlassen, die Welle an Unmut und Ärger aber wird immer größer. Inhaltlich nachvollziehbar, schaut man sich die Auftritte und Statistiken von Dortmunds Nummer 23 in dieser Spielzeit an. In Madrid gewann er nach seiner Einwechslung nur einen seiner drei Zweikämpfe.

Generell liegt seine Zweikampfquote in der Bundesliga nur bei 49 Prozent – für einen „Sechser“, der als Abfangjäger vor der Kette und Stabilisator im Mittelfeld vorgesehen ist, ein unterdurchschnittlich schlechter Wert. Im vergangenen Heimspiel gegen St. Pauli verzeichnete der Mittelfeldspieler allein in den ersten 45 Minuten sieben Ballverluste in der eigenen Hälfte, die den Gegner teils zu Großchancen einluden.

Mit dieser Leistung ist der Kapitän längst eher zu einem Sicherheitsrisiko für seine Mannschaft geworden und steht entsprechend in der Dauerkritik. Mentalität und Willen, mit denen sich der gebürtige Frankfurter in der Schlussphase der vorletzten Saison ein gutes Standing erarbeitet hatte, zeichnen ihn nur noch selten aus. Überzeugend trat er eigentlich nur beim 7:1-Sieg des BVB über Celtic Glasgow auf; da hatte aber die gesamte Mannschaft einen guten Tag erwischt.

Sonst aber wirkt Can oft fahrig und fehlerhaft, spielt die Bälle unsauber ab, kommt nicht in die Zweikämpfe und offenbart Probleme mit der Handlungsschnelligkeit. Was Can in seinem vierten Jahr bei der Borussia ebenfalls auf die Füße fällt, ist eine zumindest öffentlich fehlende Selbstkritik. Vor rund fünf Wochen hatte er seinem Ärger Luft gemacht und bekundet, er fühle sich ungerecht behandelt. Es sei einfach, „sich immer einen Spieler herauszupicken“.

Trainer Nuri Şahin gab dem 30-Jährigen bislang Rückendeckung und sagte noch vor gut einem Monat: „Er ist unser unangefochtener Kapitän.“ Doch die Luft für Can wird merklich dünner. In Madrid strich der Trainer ihn aus der Startelf. Dafür zeigte Konkurrent Felix Nmecha, dass er nach langer Anlaufzeit doch eine echte Verstärkung für den BVB sein kann. Er gewann bis zu seiner Auswechslung zehn von zwölf Zweikämpfen, wirkte sehr ballsicher und präsent.

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