Nach der deutlichen Pleite gegen Kroatien gehen die deutschen Handballer angeschlagen ins Halbfinale. Dort wartet ausgerechnet der Dominator der vergangenen Jahre.
Am Ende war eine Entschuldigung fällig: Nach einer enttäuschenden 24:30-Niederlage der deutschen Handball-Nationalmannschaft im letzten Hauptrundenspiel der Heim-Europameisterschaft schritt Juri Knorr zum Mikrofon und bat das Publikum in der mit 19.750 Zuschauern erneut ausverkauften Lanxess Arena um Verzeihung.
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Quelle: ARD/ZDF
„Es tut mir ehrlich gesagt leid für jeden, der in der Halle war und Tickets gekauft hat“, rief der Spielmacher den Fans zu: „Das tut uns allen extrem weh, das ist nicht die Mentalität, mit der wir spielen wollten.“ Den Grund für die ungewohnt lustlose Leistung der Mannschaft lieferte er gleich mit: „Wir sind im Halbfinale, aber vielleicht haben wir uns davor zu viel damit beschäftigt und im Kopf abgeschaltet.“
Damit spielte Knorr auf die Tatsache an, dass Deutschland nach den Niederlagen Österreichs und Ungarns bereits vor dem Spielbeginn im Halbfinale stand. So kam es, dass zum ersten Mal überhaupt eine deutsche Nationalmannschaft ein Handballspiel in der Lanxess Arena verlor. Statt Rückenwind nimmt das DHB-Team jetzt einige Fragezeichen mit in die Vorschlussrunde – wo eine wahre Herkulesaufgabe wartet.
Alte Schwächen plagen das deutsche Spiel
In der Partie gegen Kroatien waren es altbekannte Probleme, die die deutsche Mannschaft ins Straucheln brachten. Wie schon beim Remis gegen Österreich spielte sich das Team von Bundestrainer Alfred Gíslason zwar viele Torchancen heraus, ließ aber zu viele davon liegen. Nur 44 Prozent ihrer Würfe brachten die Deutschen im Tor unter und vergaben dabei einmal mehr auch viele freie Würfe.
Während der Grund dafür gegen Österreich noch Fragezeichen aufgeworfen hatte, schien er für das Spiel gegen Kroatien nur zu offensichtlich zu sein: Ein Sieg und damit eine Vollgas-Leistung waren für den Halbfinal-Einzug nicht mehr nötig. Die Konzentration ließ nach. Dass es eine schwierig zu manövrierende Situation war, gab Christoph Steinert nach dem Spiel zu: „Es war komisch. Man kann sich nicht nicht damit beschäftigen.“
Gíslason rotierte munter durch
Auch Bundestrainer Alfred Gíslason gab auf der Pressekonferenz nach dem Spiel freimütig preis, die Situation genutzt zu haben. Er gab seinen Stammkräften mehr Pausen und setzte auf die Spieler, die bislang noch nicht so viel Einsatzzeit bekommen hatten. „Ich will behaupten, dass wir anders gespielt hätten, wenn wir es unbedingt hätten gewinnen müssen. Ich hätte nicht so viel rotiert“, so Gíslason. Er sei zwar unzufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft, hätte er jedoch mit allen Stammkräften durchgespielt und gewonnen, wäre er wohl „noch unzufriedener, als ich jetzt bin“, so Gíslason über seine Belastungssteuerung.
Eine so deutliche Niederlage hätte sich aber auch der Bundestrainer wohl dennoch gerne erspart – genauso wie die Spieler. Denn Knorr war nicht der Einzige, der nach dem Spiel frustriert war. „Gerade fühlt es sich echt bescheiden an“, sagte etwa Routinier Kai Häfner. „Ich bin auch ein bisschen genervt von unserer Leistung und wie wir uns heute hier präsentiert haben.“ Eigentlich habe man einen gewissen Fluss mit ins Halbfinale nehmen wollen. „Dann hast du hier ausverkaufte Hütte und wir spielen so einen Rotz. Das ist nicht gut“, so Häfners deutliche Worte.
„Die Euphorie ist runter“
Linksaußen Rune Dahmke sagte: „Es ist ärgerlich. Man merkt, die Euphorie ist gerade ein wenig runter. Wir haben etwas erreicht, was seit vielen Jahren das Größte für den deutschen Handball ist, und trotzdem fühlen wir uns nicht so.“