Nach dem Wolfsgruß von Merih Demiral lodert die Debatte über seine Strafe. Die türkischen Fans in Köln sind gespalten.

Die Türkei hat sich mit einem Sieg gegen Geheimfavorit Österreich für das EM-Viertelfinale qualifiziert. Der sportliche Erfolg wurde jedoch in den Tagen nach dem Spiel durch eine Debatte über den „Wolfsgruß“, das Erkennungszeichen der rechtsextremen Grauen Wölfe, überschattet. Mehr zu den „Grauen Wölfen“ erfahren Sie hier.

Der türkische Doppel-Torschütze Merih Demiral hatte den Gruß nach dem Achtelfinalsieg gezeigt und war dafür durch die UEFA mit einer Sperre für zwei Spiele bestraft worden. Doch was sagen die türkischen Fans in der Köln dazu? t-online hat sich kurz vor dem Spiel gegen die Niederlande in der Keupstraße umgehört.

Schnell wird klar: Viele wollen am liebsten gar nichts zu dem Thema sagen. Diejenigen, die reden, wollen ihren Namen nicht in den Medien lesen. Ihre Aussagen lassen sich aber dennoch grob in zwei Lager einteilen. Die einen haben keine Meinung dazu – sie wollen „einfach das Spiel gucken“. Die anderen finden die Strafe der UEFA übertrieben.

„Doppelmoral“ wirft ein Fan der UEFA vor. Er trägt eine Sonnenbrille und will als deutscher Bürger mit türkischen Wurzeln bezeichnet werden. Seine Meinung begründet er damit, dass der englische Spieler Jude Bellingham trotz obszöner Gesten nicht gesperrt wurde. Die gesamte serbische Mannschaft habe den Drei-Finger-Gruß, ein Symbol serbischer Nationalisten, gezeigt und ebenfalls keine Strafe erhalten.

Er sei sicher, dass Demiral nicht gesperrt worden wäre, wenn er nicht zwei Tore geschossen hätte. „Er ist ein sozial engagierter Spieler, der auch Kurden im Erdbebengebiet geholfen und viel Geld gespendet hat“, wirft der Mann ein. Auch Erdoğans Besuch bei diesem Spiel sieht er positiv: „Ich bin kein Erdoğan-Befürworter, aber dass er die Mannschaft unterstützt, finde ich sehr gut.“

Der Mann ist sich – genau wie seine Freunde – sicher, dass seine Meinung von anderen türkischen Fans geteilt werde. Für das Spiel gegen die Niederlande kündigt er an: „Alle 40.000, die da sind, werden den Wolfsgruß machen!“ Eine Frau, die das Gespräch mitbekommen hat, mischt sich ein. Sie meint, dass alle „richtigen Türken“ das so sehen würden wie der Mann.

Eine Gruppe junger Frauen, die allesamt Türkei-Trikots tragen, bestätigen dieses Bild. Der Wolfsgruß sei „gar nicht vergleichbar mit dem Hitlergruß“, sagt eine der Frauen. „Das ist kein rechtes Symbol, sondern ein Zeichen aus der türkischen Mythologie“, behauptet sie.

Tatsächlich stammt das Symbol aus der Ergenekon-Legende, wonach die Türken einst nach einer verheerenden Schlacht im Tal Ergenekon Zuflucht gefunden und den Weg aus dem Tal nur mithilfe eines Wolfs gefunden haben sollen.

Heute lässt sich der Wolfsgruß jedoch eindeutig den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ zuschreiben. Die jungen Frauen in der Keupstraße bleiben allerdings bei ihren Meinungen – sie sehen das anders.

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