Der US-Wahlkampf spitzt sich zu und die Börsen reagieren sensibel auf die politischen Ereignisse. Der neue Präsident könnte entscheidend für die Finanzmärkte werden.

Ob Joe Biden oder sein Herausforderer Donald Trump die US-Wahlen im November gewinnt, ist ein demokratischer Prozess, der von den Wählern abhängt. Doch schon jetzt wird spekuliert, wie sich das Duell auf die nationalen und internationalen Börsenkurse auswirken wird. Wird die Rallye, die im Oktober 2022 begann, abrupt enden oder zu noch höheren Kursen führen?

Mit den Schüssen auf Donald Trump müsse sich die Wall Street nach Einschätzung von Börsenexperten auf eine neue Phase der Volatilität einstellen, berichtet „handelsblatt.com“. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Republikaner die Wahl gewinnt, sei am Wochenende deutlich gestiegen, wie die Wettmärkte zeigten. Laut Real Clear Politics stehen die Chancen für einen Wahlsieg Trumps bei 66,2 Prozent. Joe Biden kommt im Schnitt nur auf 18 Prozent.

Experten gehen davon aus, dass dies auch Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben wird. Doch wer nach dem Attentat auf Trump glaubt, dass dieser der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird und sich auf eine positive Reaktion der Aktienmärkte verlässt, könnte in doppelter Hinsicht falschliegen.

Die bekannte Börsenweisheit „Politische Börsen haben kurze Beine“ besagt, dass geopolitische Ereignisse und Konflikte wie Attentate, Kriege oder Bombenanschläge zu großer Verunsicherung bei Marktbeobachtern, Investoren und Anlegern führen. Eine Analyse von LPL Research für den S&P 500 kommt zu dem Ergebnis, dass der Aktienmarkt 20 Tage nach einem solchen Ereignis durchschnittlich 4,6 Prozent verliert und die Erholung von diesem Rückgang im Schnitt 43 Tage dauert.

Was bleibt, wenn ein politisches Ereignis vorüber ist, sind die Fundamentaldaten der Unternehmen und die wirtschaftliche Situation, in der sich das Land befindet. Hinzu kommt die Zinspolitik der Zentralbanken. All diese Maßnahmen werden von der Wirtschaftspolitik der Regierung beeinflusst, wobei sich das Zinsszenario der US-Notenbank auch unter einer Trump-Regierung kaum ändern dürfte.

Wer sich für eine Zukunftsprojektion der Börsenkurse die vergangenen Präsidentschaftswahlen zu Hilfe nehmen möchte, wird keine zufriedenstellende Antwort bekommen. Eine Statistik der Investmentgesellschaft Franklin Templeton, die die Entwicklung des wichtigen Aktienindex S&P 500 zwischen 1990 und 2018 jeweils in den vier Jahren eines Wahlzyklus untersucht hat, kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Es waren die Jahre außerhalb von Präsidentschafts- und Zwischenwahlen, die eine starke Performance brachten – und nicht das Wahljahr selbst.

Im Durchschnitt hat der S&P 500 in den sieben Präsidentschaftswahlen, die in diesen Zeitraum fallen, nur eine Performance von 5,83 Prozent pro Jahr erreicht. Ronald Gehrt, Finanzexperte und Analyst bei Lynx Broker, hat die jährliche Performance der Wahljahre von 1992 bis 2020 im Einzelnen betrachtet: Die Spanne der Kursverluste bzw. -gewinne reichte dabei von minus 37 Prozent im Wahljahr 2008 (Barack Obama) bis plus 23 Prozent im Wahljahr 1996 (Bill Clinton).

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Allein die Tatsache, dass die schwachen Jahre 2000 und 2008 nicht wahl-, sondern konjunkturbedingt schwach waren, sollte deutlich machen, dass politische Auseinandersetzungen im Vorfeld von Präsidentschaftswahlen sowohl einen positiven als auch einen negativen Einfluss haben können, so Gehrt weiter. Sie seien aber nur einer von vielen Faktoren.

Wirtschaftskenner bezweifeln, dass die Demokraten unter Biden und die Republikaner unter Trump eine vollkommen andere Wirtschaftspolitik betreiben werden. Im Gegenteil: Trump gilt im Vergleich zu Biden und auch zu möglichen anderen demokratischen Kandidaten als wirtschaftsfreundlich. Die Öl-, Gas- und Kohleindustrie, Gefängnisbetreiber oder die privaten Krankenversicherer dürften profitieren.

Chris Zaccarelli, Chefanleger bei Independent Advisor Alliance, glaubt, dass eine republikanische Regierung mit niedrigeren Steuern und weniger Regulierung einhergehen wird. „Das ist normalerweise gut für Aktien“, so Zaccarelli.

Mit einer Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat könnte Trump seine Vorhaben hinsichtlich politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen ungehindert verfolgen. Anleger seien zuversichtlicher, dass Donald Trump die Wahl gewinne, sagt Frank Kelly von Fulcrum Macro Advisors, einem Beratungsunternehmen für politische Risiken mit Sitz in Washington. Derzeit halten die Demokraten um US-Präsident Joe Biden noch eine knappe Mehrheit im Senat.

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