Nach zehn Jahren und 19 Fällen verabschieden sich Margarita Broich und Wolfram Koch alias Janneke und Brix aus dem „Tatort“. Ihr letzter Fall wird besonders.

Ein letztes Mal gehen Anna Janneke und Paul Brix auf Verbrecherjagd im Ersten. Margarita Broich und Wolfram Koch machen Schluss mit dem „Tatort“. Der Sonntagskrimi „Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n“ hat deshalb die schwere Aufgabe, ihnen ein würdiges Ende zu bereiten – und nebenbei einen spannenden Kriminalfilm zu präsentieren.

Tristan Grünfels (Matthias Brandt), psychologischer Psychotherapeut und Opferbetreuer bei der Frankfurter Polizei, hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann: ein großes Haus, eine Frau, zwei Kinder und einen guten Job. Trotzdem ist sein Leben aus den Fugen geraten. Er hat immer wieder Aussetzer, führt Selbstgespräche und sieht sich selbst sein Handeln kommentieren.

Die sich anbahnende Psychose gipfelt darin, dass der kunstliebende Grünfels bei der Rettung eines Gemäldes vom Sperrmüll im Affekt eine Ordnungsbeamtin erschlägt. Als er den Mord bei seinen Kollegen der Frankfurter Polizei gestehen will, spannt ihn Anna Janneke wegen eines Missverständnisses stattdessen aber als Opferbetreuer für Mann und Sohn der Getöteten ein. Von da an ist Grünfels hautnah bei den Ermittlungen an seiner eigenen Tat dabei.

Es entspinnt sich ein Spiel aus Verstrickungen, in das dann auch noch die Frankfurter Unterwelt einbezogen wird. Grünfels‘ Bruder Hagen wird wegen seiner Spielsucht nämlich ausgerechnet von dem Rotlichtboss erpresst, den Paul Brix des Mordes an einem seiner Informanten verdächtigt. Grünfels will ihm helfen, weil seine Frau aber eine Affäre hat, seine Tochter schwanger ist und sein Sohn eh nicht macht, was der Vater will, drehen die Nerven des Psychologen auf Abwegen völlig durch …

Definitiv. Der Täter steht in diesem „Tatort“ zwar direkt fest, weil man ihn bei seiner Tat begleitet und durch sein imaginiertes Über-Ich seine Gefühle dazu erfährt. Doch der Film funktioniert dennoch. Denn dieser Kniff schafft eine ungewöhnliche Nähe zu dem Mörder, immer tiefer wird man selbst in seine psychologischen Abgründe hineingezogen. Es ist ein stetes Schwanken zwischen Mitleid und Verachtung für den Täter, dessen angehende Psychose Matthias Brandt ausgesprochen packend darstellt.

Das Motiv des „Wanderers über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich als Symbolbild für ungestillte Sehnsucht zieht sich von der ersten Sekunde an durch den Film und wird von Kunstfans auch sicher direkt als dieses erkannt. In Kombination mit der von Richard Wagner inspirierten Filmmusik – wie Friedrich ein Romantiker, auch der Name „Grünfels“ könnte auf Wagner und seinen grünen Hügel in Bayreuth anspielen – bildet das eine besondere Atmosphäre.

Auch für Lokalkolorit ist gesorgt: Mit dabei ist in diesem Krimi ein Bundesligaprofi – Timothy Chandler. Der heute 34-Jährige gewann mit Eintracht Frankfurt die Europa League und den DFB-Pokal, trug das Trikot der Frankfurter in fast 200 Spielen und mauserte sich zur Identifikationsfigur. Zuletzt war er jedoch keine Stammkraft mehr und hatte offenbar Zeit für eine Gastrolle als Reinigungskraft – ähnlich wie Joshua Kimmich im „Tatort“ aus München, der dort gleich zweimal in Erscheinung trat.

Derweil leben Brix und Janneke in diesem Fall in ihrer eigenen Welt. Nicht nur einmal möchte man den Ermittlern zurufen, endlich aufzuwachen und die Zusammenhänge zu verstehen. Doch jedes Mal, wenn sie kurz davor sind, werden sie gestört. Ein Umstand, der dem „Tatort“ Spannung verleiht, aber wohl auch den einen oder anderen Zuschauer zur Verzweiflung treiben könnte. Alles in allem ist es aber ein würdiger letzter Fall für Margarita Broich und Wolfram Koch.

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