Fast 5,1 Millionen Euro für Sahra Wagenknechts russlandfreundliche Partei: Die größte Spende einer Privatperson jemals gab große Rätsel auf – bisher. t-online hat die Quelle des Reichtums gefunden.
Ein riesiger Geldregen für Sahra Wagenknecht hat sehr viel mehr mit Ed Sheeran und dem Eurovision Song Contest zu tun als mit Wladimir Putin oder der SED. Das zeigen neue Recherchen von t-online, die der Herkunft von Geld nachgegangen sind, das ein Ehepaar aus Mecklenburg-Vorpommern in die junge Partei BSW gesteckt hat.
Im Fokus dabei: Thomas Stanger und seine Ehefrau Lotte Salingré, die zusammen mehr als fünf Millionen Euro an das BSW gespendet haben.
Lange blieb die Herkunft des Geldes unbekannt, was zu Spekulationen führte. Befeuert wurden diese auch dadurch, dass Stanger zunächst nur nebulöse Angaben gemacht hatte. Die Suche nach dem Ursprung der Wagenknecht-Millionen zeigt nun, dass Stangers Reichtum ins Showbusiness führt, zu einer weltweit erfolgreichen Firma, die mit Politik nichts zu tun hat – und einst in einer Garage ihren Anfang nahm: das Unternehmen MA Lightning Technology GmbH aus Waldbüttelbrunn in Franken.
t-online hat Thomas Stanger und Lotte Salingré in Hamburg in einem Café getroffen. Im Gespräch bestätigt er die Informationen und gibt damit preis, was er bisher nicht gesagt hatte. Zugleich entlasten die t-online-Recherchen das BSW zumindest teilweise von Vorwürfen, von Russland bezahlt worden zu sein.
Bei dem Treffen wirken die beiden sehr zurückhaltend und abwartend, fast skeptisch. Fotografiert werden wollen sie nicht, aber reden möchten sie. Die Recherchen von t-online und der Trubel der vergangenen Wochen haben sie dazu bewegt, nun doch öffentlich Stellung zu nehmen zu der großen Überweisung, die die Politik in den vergangenen Wochen beschäftigt hat.
Die 5,1-Millionen-Euro-Spende ist die größte von Einzelpersonen an eine Partei in den vergangenen 20 Jahren.
In vielen politischen Lagern vermuteten Menschen hinter dem Geld die verschwundenen SED-Millionen oder einfach Geld, das über Umwege von Wladimir Putin kommt. Das hatten zuletzt etwa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke, erklärt. Radtke sprach konkret Spenden an, die der Verein hinter dem Bündnis erhalten hatte: 1,6 Millionen Euro an den BSW-Unterstützerverein, von denen nicht klar ist, wer sie gegeben hat.
Auch bei dem viel höheren Betrag – den 5,1 Millionen Euro, die das BSW von Stanger und Salingré erhielt – waren zuletzt immer größere Zweifel aufgekommen. Stammt das Geld aus Russland? Finanziert der Kreml über Umwege die neue Partei, die regelmäßig Verständnis für Russlands Angriffskrieg äußert? Aus verschwundenem SED-Vermögen? Beide Theorien waren zuletzt häufiger zu lesen.
- t-online hatte exklusiv über die zweite Spende von über 4 Millionen Euro berichtet
„So ein Quatsch“, sagt Lotte Salingré halb lachend, halb kopfschüttelnd. „Wir haben das Geld verdient.“ Und gleich schiebt sie hinterher: „Er hat das Geld verdient“ – und zeigt auf ihren Mann. Thomas Stanger ist groß, 67 Jahre alt und ein erfolgreicher Unternehmer. Nachdem t-online das Paar mit den Ergebnissen der Recherchen konfrontiert hat, sprechen sie erstmals darüber, woher ihr Reichtum kommt.
Zur Schau stellen sie dieses Vermögen nicht. Sein weißes Hemd ist leicht knittrig, sie trägt ein schlichtes dunkles Oberteil und einen Schal. Sie leben nicht in großem Luxus, so Salingré. Sie haben zwar ein Haus an der Ostsee, „aber einen Ferrari brauchen wir nicht“. Die ganze Aufmerksamkeit jetzt? „Wollten wir nicht!“, erklärt Stanger. Sie wussten zwar, dass ihre Spende auf der Seite der Bundestagsverwaltung veröffentlicht wird. Doch das riesige Interesse und die Unterstellungen, damit hätten sie „in dieser Form nicht gerechnet“.
Mehrfach in den vergangenen Wochen nutzten andere Parteien, dass sich Stanger und Salingré öffentlich weitgehend zurückhielten. Kevin Kühnert, Generalsekretär der SPD, stellte in einem Instagram-Video provokant die Frage: „Wer sind diese Geldgeber? Was haben sie für eine politische Erwartung an sie?“ Und er legte nach, sprach im Zusammenhang mit dem BSW von einer „Pappmaché-Partei“, die von Despoten aufgebaut worden sein könnte.