Alle sechs Kandidaten der AfD für die Vorsitze der Ausschüsse im Bundestag fallen am Mittwoch durch. Das könnte empfindliche Konsequenzen für die wichtigsten Gremien im Parlament haben.
Um 12 Uhr tritt Ulrike Schielke-Ziesing vor die Kameras. Die Hände hält die AfD-Politikerin vor dem Bauch gefaltet, ihre Miene ist gefasst. Im Sitzungssaal 2400 ist sie in geheimer Wahl gerade nicht als Vorsitzende des Haushaltsausschusses gewählt worden. Es hat sie nicht überrascht, wird sie t-online später sagen.
Schielke-Ziesing spricht mit ruhiger Stimme in die Mikrofone: Es sei ein schlimmes Signal, dass der so wichtige Haushaltsausschuss, durch den so viel Geld fließe, nun nicht mehr wie sonst üblich von der stärksten Oppositionspartei geleitet werde. Der Ausschuss beschränke sich damit auch selbst enorm – in einer Zeit, in der er dringend handeln müsse. „Die demokratischen Parteien handeln nicht demokratisch“, kritisiert die 55-Jährige.
Wenige Minuten später wird CDU-Politiker Carsten Körber aus dem Sitzungssaal vor die Kameras treten. Er sagt die Sätze, die Bedeutung haben dürften, nicht nur für heute, sondern für die nächsten Jahre: Es gehe bei der Ablehnung von Schielke-Ziesing nicht um sie als Person, sagt er. Die Union könne nicht mittragen, dass die AfD einen Ausschussvorsitzenden besetze. „Ganz gleich, wen die Partei vorschlägt.“ Eine entscheidende Rolle spiele dabei die Einstufung des Verfassungsschutzes der Partei als gesichert rechtsextrem.
Die Union hat sich entschieden, so scheint es in diesem Moment: Die Brandmauer hin zur AfD soll stehen. Keine Kooperation, in keinem Fall, auch nicht in reinen Arbeitsfragen.
Für die AfD auf der anderen Seite hat sich damit eine Hoffnung zerschlagen: den Vorsitz in einem oder mehreren der 24 Ausschüsse im Bundestag zu erhalten. Sie sind die wichtigsten Arbeitsgremien des Parlaments.
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Die Vergabe der Vorsitzendenposten verläuft zweistufig: In einer geheimen Sitzung mit den Parlamentarischen Geschäftsführern greifen zunächst alle Parteien auf die Ausschüsse zu, die sie leiten wollen. Entscheidend dabei ist die Zustimmung der Wähler bei der Bundestagswahl. Bedeutet: Die Union darf den ersten Ausschuss greifen, die AfD den zweiten, und so weiter.
Insgesamt dürfen die größeren Parteien in dieser Sitzung außerdem häufiger zugreifen als die kleineren: Die Fraktion der Union hat in acht Ausschüssen das Vorschlagsrecht für den Vorsitzposten, die AfD für sechs, die SPD für fünf, die Grünen für drei und die Linke für zwei Ausschüsse. Die AfD entschied sich nicht nur für den Haushalts-, sondern ebenso für den Innen-, den Arbeits-, den Finanz-, den Rechts- und den Petitionsausschuss. Viele Ausschüsse – und darunter mächtige.

Damit aber sind die Vorsitzenden noch nicht gewählt. Die Personen müssen in der konstituierenden Sitzung vorgeschlagen, vorgestellt und dann von den Kollegen im Ausschuss tatsächlich gewählt werden.
Das ist die Stufe, an der Schielke-Ziesing am Mittwoch scheiterte. Bis um 19 Uhr wird es an diesem Tagen bei den fünf anderen AfD-Kandidaten ebenso laufen: Gerrit Huy im Arbeits-, Kay Gottschalk im Finanz-, Stefan Möller im Rechts-, Manfred Schiller im Petitions- und schließlich Jochen Haug im Innenausschuss erreichen nicht die notwendige Mehrheit.
Den Ausschüssen vorzustehen, ist kein glamouröser Job. Es bedeutet hauptsächlich administrative Arbeit, meist hinter den Kulissen: den Ausschuss vorbereiten, die Tagesordnung planen, die Sitzung leiten. Im Gegenzug gibt es eine finanzielle Zulage.