Eine Geschichtskommission sollte Deutschland und Russland verbinden, doch Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine zerstörte diese Hoffnung. Nun plant die Bundesregierung die Streichung der Mittel.

Der deutsch-russischen Geschichtskommission (DRGK) droht die Streichung der Förderung mit Bundesmitteln. In der Haushaltsaufstellung 2025 sind keine weiteren Gelder mehr vorgesehen, nachdem die Historikerkommission 2024 noch 400.000 Euro erhielt und 2023 372.000 Euro. Der Deutschlandfunk hatte zuerst berichtet.

„Derzeit wird der Haushalt noch parlamentarisch beraten“, beantwortete ein Sprecher von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), eine Anfrage von t-online. „Nach gegenwärtigem Stand erscheint aufgrund der sehr angespannten Haushaltslage eine weitere Finanzierung der DRGK für 2025 sowie des Fellowship-Programms als wenig aussichtsreich.“ „Fellowships“ meinen Stipendien für exilrussische Forscher.

Die Gemeinsame Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen erforscht – bilateral besetzt – seit den Neunzigerjahren die Beziehungen Deutschlands und Russlands wie der Sowjetunion mit dem Ziel der Verständigung und Versöhnung. Federführend bei ihrer Gründung waren der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und Boris Jelzin, seinerzeit russischer Präsident.

Nach Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 setzte die deutsche Seite im März des Jahres die bilaterale Zusammenarbeit aus und erklärte sich mit der attackierten Ukraine solidarisch. „Dieser Angriff ist eine durch nichts zu rechtfertigende Aggression, die unschuldige Menschenleben und unbeschreibliches Leid fordert“, heißt es in einem Statement der deutschen Seite der DRGK.

Deutsche Mitglieder der DGRK unter dem Vorsitz von Joachim Tauber sind renommierte Historiker und Historikerinnen wie etwa die Osteuropaexperten Stefan Creuzberger von der Universität Rostock, Jörg Baberowski von der Berliner Humboldt-Universität, Sandra Dahlke, Direktorin des Max Weber Netzwerks Osteuropa, und der Militärhistoriker Sönke Neitzel von der Universität Potsdam.

Nach Einstellung der Zusammenarbeit mit der russischen Seite erarbeitete die deutsche Sektion ein Konzept zur Neuausrichtung der Historikerkommission. Der Fokus liegt dabei auf der Korrektur der offiziellen propagandistisch und geschichtsverfälschenden Geschichtspolitik des russischen Regimes: etwa in Form von Materialien für den Geschichtsunterricht an Schulen wie Stipendien für russische Wissenschaftler im Exil.

„Das von der DRGK vorgelegte, aktualisierte Konzept zur Neuausrichtung wurde auf Bitten und im Austausch mit der BKM erarbeitet“, erklärte ein Sprecher der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien t-online. „Es liegt hier vor und wurde bei der Entscheidungsfindung zur Zukunft der DRGK berücksichtigt.“

Angesichts der Sparpläne und Streichung der finanziellen Mittel für den Bundeshaushalt 2025 droht der deutsch-russischen Historikerkommission hingegen das Aus. In der Anfrage von t-online zur Frage der weiteren Förderung von russischen Forschern im Exil antwortete der Sprecher von Kulturstaatsministerin Roth: „Derzeit finden Beratungen mit der deutschen Seite, aber auch mit dem Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa (BKGE) statt, ob und wie zukünftig zum Beispiel russische Historikerinnen und Historiker im Exil in ihrer Zusammenarbeit mit der deutschen Seite unterstützt werden könnten.“

Beim Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa handelt es sich um eine Bundesbehörde, die wiederum der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien untersteht. Im Gegensatz zur unabhängigen deutsch-russischen Historikerkommission ist das Bundesinstitut weisungsgebunden.

Der deutsch-russischen Geschichtskommission droht voraussichtlich nun die Streichung der Mittel und damit ihr faktisches Aus unter Verweis auf eine „sehr angespannte Haushaltslage“. Gleichwohl ist der Bundeskulturetat insgesamt gestiegen, wie es auch vonseiten der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien heißt: „Damit kann der Kulturetat trotz der angespannten Haushaltslage sogar einen leichten Aufwuchs im Vergleich zum Regierungsentwurf 2024 verzeichnen.“

Share.
Exit mobile version