Langt der Staat bei Rentnern zweimal zu? Zumindest bestimmte Gruppen sind gefährdet, doppelt Steuern zu zahlen. Unter welchen Umständen Sie dazu zählen.

Manche Wege sind lang und holprig: Seit bald 20 Jahren wird die Art, wie Renten besteuert werden, umgestellt – von der sogenannten vorgelagerten auf die nachgelagerte Besteuerung. Seitdem zahlen Sie als Arbeitnehmer die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr komplett – wie noch bis 2004 – aus Ihrem schon versteuerten Nettoeinkommen. Sondern: Sie können Ihre Rentenbeiträge teilweise ganz von der Steuer absetzen, versteuern dafür aber auch im Ruhestand einen Teil Ihrer Rente.

Diese Änderung ist in der Regel günstiger für Sie, da das Einkommen im Alter typischerweise geringer ist und dadurch weniger Steuern fällig werden. Der steuerpflichtige Teil steigt dabei von Rentenjahrgang zu Rentenjahrgang weiter an, bis er 2040 bei 100 Prozent liegt – und Neurentner ihre Rente ab dann also komplett versteuern müssen. Wie viel Prozent Ihrer Rente Sie versteuern müssen, lesen Sie hier.

Bei all dem soll eines aber nicht geschehen: eine doppelte Besteuerung. Die liegt grob gesagt dann vor, wenn Sie eine größere Summe Ihrer Rente versteuern müssen, als Sie während des Arbeitslebens an Beiträgen in die Rentenversicherung von der Steuer absetzen konnten. Und es gibt durchaus Personen, die nach jetzigem Stand davon betroffen sein werden.

Wann Ihre Rente doppelt besteuert wird

Bereits im Mai 2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargemacht, dass es vor allem bei künftigen Rentnern zu einer zweifachen Belastung kommt, sofern die Politik nicht handelt. Betroffen sind Sie demnach, wenn Sie mehrere – aber nicht zwangsläufig alle – der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie sind erst vor Kurzem in Rente gegangen,
  • Sie waren selbstständig tätig, haben also keine steuerfreien Arbeitgeberanteile erhalten,
  • Sie sind unverheiratet,
  • Sie sind männlich, denn dann ist Ihre statistische Lebenserwartung kürzer.

Eher nicht betroffen sind ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie aktuelle Rentnerinnen und Rentner. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) weist allerdings darauf hin, dass es stets auf Ihre individuelle Erwerbs- und Rentenbiografie ankommt.

Wichtig zu wissen: In den bisherigen BFH-Urteilen ging es immer nur um die Besteuerung während der Übergangsphase, nicht um die Rentenbesteuerung nach der Umstellung ab 2040. Diese Rentnerjahrgänge müssen ihre Renten nach jetzigem Stand voll versteuern, obwohl sie ihre Beiträge nur in den Jahren 2023 bis 2039 in voller Höhe von der Steuer absetzen konnten. Hier hatte die Ampelkoalition sogar schon nachjustiert. Ursprünglich hätten die Beiträge erst 2025 voll abzugsfähig sein sollen (mehr dazu hier).

Weitere Änderung stockt

Und das ist nicht die einzige Änderung, die die Bundesregierung plant, um eine doppelte Besteuerung auszuschließen. Zusätzlich will sie die volle nachgelagerte Besteuerung weiter nach hinten schieben. Die Renten sollen dann nicht bereits 2040 voll versteuert werden müssen, sondern erst 2058. So steht es im Wachstumschancengesetz, das derzeit aber noch im Vermittlungsausschuss steckt.

Doch selbst wenn die Übergangsphase noch ausgedehnt werden sollte: Dem Bund der Steuerzahler gehen die Pläne nicht weit genug. „Grundsätzlich sind die geplanten Regelungen und Anpassungen im Wachstumschancengesetz ein richtiger Schritt, aber nicht ausreichend“, sagt Daniela Karbe-Geßler, Leiterin Steuerrecht und Steuerpolitik beim BdSt, t-online. „So werden zum Beispiel Rentenerhöhungen nicht berücksichtigt und sollen weiterhin voll steuerpflichtig sein. Aus unserer Sicht sollte auch hier über eine Berücksichtigung des steuerfreien Anteils diskutiert werden.“

Gut zu wissen

Die Renten werden jedes Jahr zum 1. Juli angepasst – abhängig von der Lohnentwicklung. Steigt das Einkommen der Arbeitnehmer, steigen auch die Altersbezüge der Rentner. Mehr zur Rentenanpassung lesen Sie hier. Kommt es zu einer Erhöhung, unterliegen diese – anders als der übrige Teil der Rente – zu 100 Prozent der Einkommensteuer.

Bund der Steuerzahler will wieder klagen

Zudem gebe es bereits Fälle, in denen eine Doppelbesteuerung im Einspruchsverfahren rechnerisch nachgewiesen wurde, das Finanzamt sich aber weigere, die Einkommensteuerbescheide zu ändern. „Warum das Finanzamt nicht abhilft, können wir auch nicht mitteilen, daher soll hier geklagt werden“, so Karbe-Geßler. „Man könnte auch vermuten, das Finanzamt spielt auf Zeit.“

Wer meint, doppelt besteuert zu werden, kann sich erst dagegen wehren, wenn er tatsächlich in Rente geht. Vorher ist man aus Sicht des Bundesfinanzhofs nicht betroffen. Allerdings müssen Sie die Doppelbesteuerung selbst nachweisen. Und das ist durchaus aufwendig. Wie die Berechnung funktioniert, lesen Sie hier.

Zudem gibt es ein weiteres Problem: Gelingt es Ihnen, Doppelbesteuerung nachzuweisen, kann zwar „ein Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase“ gewährt werden (BFH-Urteil vom 21. Juni 2016, X R 44/14), wie eine solche Milderung genau aussieht, ist aber nicht definiert.

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