Zusammenspiel von Mensch und Maschine

Dieses Unternehmen will nervige Telefon-Warteschleifen abschaffen


13.09.2024 – 12:26 UhrLesedauer: 3 Min.

Anruf bei der Kundenhotline: Ein deutsches Start-up möchte seinen Kunden Top-Service rund um die Uhr bieten. (Quelle: IMAGO/Zoonar.com/Kasper Ravlo/imago)

Das Berliner Start-up Parloa präsentiert eine neue Plattform für den Kundenservice. Die Technologie soll die Branche grundlegend verändern.

Parloa will den Kundenservice erneuern. Auf der WAVE-Konferenz in Berlin hat das KI-Unternehmen seine „AI Agent Management Platform“ (AMP) vorgestellt. Die Technologie soll „den größten Innovations- und Technologiesprung in der Geschichte der Kundenservice-Branche“ darstellen.

AMP basiert vollständig auf generativer Künstlicher Intelligenz, so Malte Kosub, Gründer und CEO von Parloa. Damit gehe das Modell weit über bisherige, regelbasierte Systeme hinaus. Laut Kosub ermögliche diese Plattform den Unternehmen, seine KI-Agenten schnell, einfach und sicher im großen Maßstab einzusetzen.

In der Praxis soll das so funktionieren, dass die Kunden beim Anruf einer Servicehotline zunächst mit Künstlicher Intelligenz interagieren. Laut Parloa seien die KI-Agenten in der Lage, die meisten Anfragen selbstständig zu bearbeiten. Der große Vorteil gegenüber menschlichen Mitarbeitern: Die KI-Beratung ist rund um die Uhr erreichbar und in fast allen Sprachen verfügbar.

Die KI sucht in passenden Quellen nach einzelnen Fragmenten für die richtige Antwort. (Quelle: Parloa)

Ein Beispiel: Im Test, bei dem auch t-online anwesend ist, fragt Kosub die KI-Agentin einer fiktiven Airline nach Ideen für eine Kurzreise zum Geburtstag seines Bruders. Sekunden später liefert die freundliche und sehr natürlich klingende Stimme mehrere Vorschläge – Kosub entscheidet sich für Barcelona.

Auch frühere Buchungen werden gespeichert und beim nächsten Anruf berücksichtigt. In einem anderen Test fragte der Testkunde nach einem Mietauto, die Bedingungen seien die gleichen „wie vor zwei Wochen“. Kurz darauf wird alles wiederholt, zusammengefasst und … Moment, der Preis hat sich geändert. Also schaut die KI selbstständig nach alternativen Angeboten oder der Verfügbarkeit eines vergleichbaren Autos in der näheren Umgebung.

Zwischendurch ist dabei immer wieder ein kurzes „Ähm“ zu hören. Auch das Klackern einer Tastatur und das typische Callcenter-Gemurmel im Hintergrund sind deutlich auszumachen. Studien hätten gezeigt, dass die meisten Anrufer diese Geräusche positiv wahrnehmen würden, weil sie die KI „nahbarer“ machen.

Malte Kosub (l.) und Stefan Ostwald: Seit ihrer Gründung von Parloa 2008 haben sie auf die passende Technologie gewartet. (Quelle: Parloa)

Natürlich werde niemand gezwungen, das System zu nutzen, betont Kosub. Bei Bedarf werden Kunden auch weiterhin an menschliche Agenten weitergeleitet. Das Unternehmen ist aber davon überzeugt, dass durch den Einsatz von AMP ein effizientes Team aus KI und Menschen mit klar definierter Rollenverteilung entsteht. Die menschlichen Servicemitarbeiter „führen“ das Team aus KI-Agenten und unterstützen diese, wenn es nötig ist.

Gleichzeitig befähigt Parloas Technologie die Mitarbeiter mit leistungsstarken KI-Tools wie Echtzeit-Übersetzungen und kontextbezogenen, automatisierten Antwortvorschlägen, besser auf die Wünsche der Anrufer einzugehen. Dadurch könnten Kundenservice-Mitarbeiter jederzeit auf Anfragen reagieren, ohne die Sprache des Gegenübers zu beherrschen.

Laut ersten Befragungen bei Kunden von Unternehmen, die das System bereits einsetzen, sagte mehr als die Hälfte der Anrufer, die KI-Agenten hätten den Kontakt verbessert. Dabei seien die Wartezeiten in der Telefonzentrale deutlich gesunken – die Reaktionszeiten für einzelne Antworten konnten erheblich beschleunigt werden.

Doch bei aller Innovation birgt die von Parloa vorgestellte AI Agent Management Platform auch potenzielle Risiken und Herausforderungen. Der verstärkte Einsatz von KI im Kundenservice könnte zu einem Verlust menschlicher Arbeitsplätze führen.

Laut Parloa seien die meisten Unternehmen jedoch heute schon unterbesetzt. Die bestehenden Servicemitarbeiter könnten sich somit auf wichtigere Anliegen kümmern und die Standardanfragen den KI-Agenten überlassen.

Weiterhin besteht die Gefahr, dass komplexe oder emotional aufgeladene Kundenanliegen von KI-Systemen nicht angemessen erfasst und bearbeitet werden können. Zudem werfen der Einsatz und die Speicherung sensibler Kundendaten in KI-Systemen Fragen zum Datenschutz auf.

Das Unternehmen habe sich jedoch ganz bewusst auf den Verbleib in Deutschland entschieden, um den Kunden durch die strengeren Auflagen der EU auch mehr Sicherheit ihrer Daten bieten zu können.

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