Fast unbekannt

„Mensch ärgere dich nicht“: Diese Basis-Regel ignorieren fast alle


13.04.2025 – 11:52 UhrLesedauer: 3 Min.

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„Mensch ärgere dich nicht“: Das Spiel ist ein wahrer Klassiker. (Quelle: IMAGO/Udo Herrmann/imago)

Jeder kennt es, alle spielen es – aber kaum jemand hält sich an die offizielle Anleitung von „Mensch ärgere dich nicht“. Was die meisten nicht wissen.

Ob Familienfeier oder Spieleabend mit Freunden: „Mensch ärgere dich nicht“ liegt in vielen Haushalten ganz oben im Spieleregal. Schnell ausgepackt, leicht erklärt, immer für eine Runde gut – generationsübergreifend. Aber so vertraut das Spiel auch wirkt: Die meisten spielen es nicht nach den Regeln. Und zwar schon beim ersten Würfeln.

In den meisten Familien dürfte es so losgehen: Alle Figuren sind im „Häuschen“, also auf den vier farbigen Feldern, und reihum darf jeder Spieler dreimal würfeln. Mit einer Sechs wird dann die erste Figur ins Spiel gebracht. Doch davon ist in der Spielanleitung gar nicht die Rede. Wörtlich heißt es hier:


Quotation Mark

Jeder Spieler erhält 4 Spielfiguren einer Farbe. Er stellt 1 seiner Figuren auf das Feld A seiner Farbe, die übrigen 3 Spielfiguren werden auf die gleichfarbigen B-Felder gesetzt. Der jüngste Spieler beginnt. Gespielt wird reihum im Uhrzeigersinn.


Spielanleitung


Das bedeutet: Eine Spielfigur steht bereits zu Beginn auf dem Startfeld A und ist sofort im Rennen. Das Spiel kann ohne Würfelhindernis beginnen – ein Detail, das den Spielablauf deutlich beschleunigt. Trotzdem hält sich kaum jemand daran. Wahrscheinlich, weil sich die Variante mit dem „Start mit Sechs“ längst durchgesetzt hat – mündlich überliefert, über Generationen hinweg. Und vielleicht, weil es irgendwie dazu gehört, sich schon am Anfang darüber zu ärgern, wenn die ersehnte Sechs einfach nicht fallen will.

Zwei weitere Punkte sorgen immer wieder für Diskussionsstoff:

Letztlich hat jeder Brettspieler seine eigenen Sonderregeln – und das macht den Spaß aus. Sie sollten sich nur darauf einigen, dass für alle am Tisch die gleichen Regeln gelten, um mittelschwere Familienkrisen zu vermeiden.

Dass „Mensch ärgere dich nicht“ einmal zu den bekanntesten Spielen Deutschlands zählen würde, damit rechnete der Erfinder Josef Friedrich Schmidt wohl kaum, als er um 1907 das erste Spielbrett auf eine alte Hutschachtel zeichnete. Seine drei Söhne brauchten eine Beschäftigung – und Schmidt lieferte.

Der große Durchbruch kam 1914 mit dem Ersten Weltkrieg. Schmidt ließ 3.000 Exemplare in Lazarette liefern, wo verwundete Soldaten das Spiel kennenlernten und später mit nach Hause nahmen. Von dort trat es seinen Siegeszug in Wohnzimmern, Kinderzimmern und manchmal auch Klassenzimmern an.

Bis heute gilt das Spiel als Klassiker, obwohl der Markt jedes Jahr Hunderte neue Spiele hervorbringt. Doch „Mensch ärgere dich nicht“ bleibt gefragt. Für Stefanie Kuschill vom Deutschen Spielearchiv in Nürnberg liegt der Reiz gerade in der Schlichtheit: „Es kann sich recht mühelos generationsübergreifend geärgert werden.“

Auch der Pädagoge Udo Schmitz sieht einen Vorteil in der Einfachheit: „Ich habe festgestellt, dass Leute ungern Spielanleitungen lesen.“ Und genau das muss man bei „Mensch ärgere dich nicht“ auch nicht – die Regeln sind kurz, klar und leicht zu merken. Auch wenn es durchaus tradierte Abweichungen gibt. Kinder lernen zählen, Regeln befolgen und mit Frustration umgehen.

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