Auffallend ist, dass Habecks Forderung von 3,5 Prozent mit jener Zahl zusammenfällt, die hinter den Kulissen aus dem Lager des designierten US-Präsidenten Donald Trump zu hören ist, wenn es um das künftige Engagement der USA in der Nato geht. Trump hatte nach seinem Wahlsieg im November angekündigt, dass er in Zukunft eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) von den Nato-Partnern verlangen wolle. Andernfalls, so drohte er, könne er sich vorstellen, das Verteidigungsbündnis zu verlassen. Die „Financial Times“ sprach unter Berufung auf einen Insider aus dem Trump-Lager kurz darauf davon, dass der künftige Präsident sich auch mit 3,5 Prozent zufriedengeben würde – eben jene Zahl, die Habeck nun in den Raum stellt.
Unterstützt wird diese Forderung von zahlreichen ausländischen Spitzenpolitikern, insbesondere jenen aus Osteuropa, wo die Bedrohung durch den russischen Aggressor gegenwärtig ist. So forderte die ehemalige estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas bei einem Besuch in Berlin im Frühjahr 2024 eine deutliche Erhöhung des Wehretats. Estland gab unter ihrer Führung zuletzt 3,2 Prozent des BIP für Verteidigung aus. „Pazifismus“, so Kallas, sei in einer Welt voller Gewalt schlicht „Selbstmord“.
Scholz sieht sich in seiner ablehnenden Haltung gegenüber einem deutlich höheren Wehretat einig mit den Linken in der Sozialdemokratie, etwa Rolf Mützenich. Der SPD-Fraktionschef lehnt den Aufwuchs der Verteidigungsausgaben ab und wirft Habeck zugleich einen „holzschnittartigen Überbietungswettbewerb“ vor.
Doch nicht nur beim Thema Verteidigung bekommt der grüne Vizekanzler Gegenwind aus der SPD. Scholz rügte auch die handwerklichen Fehler beim Heizungsgesetz, das aus dem von Habeck geführten Wirtschaftsministerium kam. „Es war falsch, den Austausch von Heizungen in privaten Häusern übers Knie zu brechen“, sagte Scholz im „stern“: „Ich glaube, auch der verantwortliche Minister hat verstanden, dass seine Pläne damals nicht gut waren.“ Für ihn gelte beim Klimaschutz grundsätzlich: „Weniger Ideologie, mehr Pragmatismus“.
Trotz des Scheiterns der Ampel-Regierung kann sich der 66-Jährige eine erneute Koalition mit der FDP nach der Bundestagswahl vorstellen. „Ich habe nichts Generelles gegen die FDP. Das Tolle an der Demokratie ist die Demokratie“, sagte Scholz. „Wahlen sind Wahlen. Die Bürger entscheiden, und wir Politiker müssen mit dem Ergebnis umgehen.“
Auch ein Bündnis mit dem BSW schloss Scholz nicht kategorisch aus. Mit einer Partei, die die Nähe zu Russland suche und die Ukraine hängen lassen wolle, sei eine Koalition „schwer vorstellbar“, sagte er. Mit der AfD werde es dagegen keinerlei Zusammenarbeit geben. „Für mich ist eins klar: Ich werde niemals eine Koalition mit der AfD eingehen.“