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Nach dem Ampel-Aus geht für den Kanzler ein schwieriges Jahr zu Ende. Jetzt bleiben ihm rund acht Wochen bis zum Neuwahltermin. Und bislang sieht es für Scholz und die SPD schlecht aus. Ist das noch zu retten?

Am vergangenen Freitagnachmittag ist es im Bundeskanzleramt für den Moment noch unaufgeregt. Letzte Besuchergruppen werden durch die sonst stillen Gänge geführt, die Dekoration beginnt zu leuchten, während sich draußen die Dämmerung andeutet. Der Bundeskanzler kommt in einem locker sitzenden Zip-Pullover aus seinem Büro, das Gesicht wirkt müde. Eigentlich sollte dieses Gespräch mit t-online zu seinen letzten Terminen vor einer kleinen Auszeit gehören. Für Olaf Scholz geht immerhin ein schwieriges Jahr zu Ende.

Doch wenige Stunden später bricht im Kanzleramt noch einmal der Krisenmodus aus. Als in Magdeburg ein Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt rast, steht Deutschland erneut unter Schock. Fünf Menschen verlieren ihr Leben, über 230 werden verletzt. Es ist ein Ausnahmezustand. Unzählige Fragen müssen geklärt werden. Am frühen Samstagmorgen macht der Kanzler sich auf den Weg. Das Ganze hat oberste Priorität. Gleichzeitig weiß Scholz schon jetzt, dass es weitergehen muss. In wenigen Tagen endet die Ruhephase endgültig. Der Wahlkampf startet. Für den SPD-Politiker ist es politisch die letzte Chance. Ein Gespräch über die Lehren aus Magdeburg, den bevorstehenden Wahlkampf und die Frage, was eigentlich anständig ist.

Für dieses Interview hat t-online eine Reihe von Fragen ergänzt.

t-online: Herr Bundeskanzler, heute vor einer Woche fand ein Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt statt. Welche Konsequenzen muss diese schreckliche Tat nach sich ziehen?

Olaf Scholz: Diese furchtbare Tat lässt mich nicht los. Am Morgen nach dem Attentat war ich in Magdeburg, habe mit vielen Helferinnen und Helfern gesprochen. Das Leid war hautnah zu spüren. Die Toten, die vielen vielen Schwerstverletzten. Wenige Tage vor Weihnachten eine riesige Erschütterung. Zu den notwendigen Konsequenzen gehört, dass wir untersuchen, ob man diese schreckliche Tat hätte verhindern können. Jeder Stein muss dabei umgedreht werden.

Hätte der Anschlag denn aus Ihrer Sicht verhindert werden können?

Das möchte ich eben auch wissen. Die Sicherheitsbehörden arbeiten intensiv daran aufzuklären, welche Hinweise es im Vorfeld auf den mutmaßlichen Täter gegeben hat. Offensichtlich gab es über die Jahre immer wieder Hinweise auf den Mann. Meine Erwartung ist klar: Jetzt muss sehr genau geprüft werden, ob es Versäumnisse bei den Behörden in Sachsen-Anhalt oder auf Bundesebene gegeben hat. Da darf es keine falsche Zurückhaltung geben.

Brauchen unsere Sicherheitsbehörden und Geheimdienste mehr Kompetenzen, wie etwa die Vorratsdatenspeicherung oder die biometrische Gesichtserkennung?

Die Sicherheitsbehörden brauchen mehr Kompetenzen, und nach den Messerattacken von Mannheim und Solingen hat die Bundesregierung mit dem Sicherheitspaket entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Leider wurde im Bundesrat ein Teil dieser Gesetze im Oktober blockiert. Ich rufe dazu auf, die zusätzlichen Befugnisse jetzt doch schnell möglich zu machen.

Müssen die entsprechenden Gesetze jetzt so schnell wie möglich, sprich vor der Bundestagswahl, kommen?

Gehen Sie für die gesetzliche Umsetzung der aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen noch einmal auf die Union zu?

Für die Zustimmung im Bundesrat braucht es die Stimmen von CDU und CSU, insofern sprechen wir mit allen Beteiligten.

Keine Fehler gemacht? Bei der Vertrauensfrage sparte der Kanzler mit Selbstkritik. (Quelle: Dominik Butzmann)

Herr Bundeskanzler, gleichzeitig steht der Wahlkampf bevor. An diesem Freitag hat der Bundespräsident den Bundestag aufgelöst und den Neuwahltermin festgelegt. Wir würden gerne mit Ihnen über Respekt reden. Was bedeutet der Begriff für Sie?

Respekt bedeutet, die Leistung eines jeden und einer jeden anzuerkennen. Und mitzuhelfen, dass sich alle gesehen fühlen. Es geht nicht nur um moralische Anerkennung, etwa der Arbeit von Krankenpflegern, Kassiererinnen, Stahlarbeitern oder Busfahrerinnen. Es geht auch um eine ordentliche Bezahlung. Mein Ziel ist es, dass jeder und jede ein gutes Leben führen und gut zurechtkommen kann.

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